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Berlin: Fantastisch in der Krise

Auf der ersten Berliner Popkomm sehen Musikmanager die Trendwende gekommen

Vier weiße Männchen und eine tobende Menge. Als Die Fantastischen Vier am Dienstag um Mitternacht die Bühne der Deutschlandhalle betraten, da eröffneten sie nicht nur die erste Berliner Popkomm mit einem mitreißenden Konzert. Die Schwaben kehrten vielmehr als Triumphatoren zurück, die nach jahrelanger Abstinenz auf ein ihnen immer noch verfallenes Publikum trafen: „Die Zeit war hart kein high nur low/Und immer wieder diese Popstar-Show/Bei keinem ander’n war es wieder so/Wie bei der coolen Band um Smudeo“, sangen Smudo & Co und untermauerten ihren Ruf als ewig treue, sich selbst treu gebliebene Stars.

Der ernste Teil der dreitägigen Popkomm, die sich unterm Funkturm auf 16000 Quadratmeter in eine Musikmesse mit 661 Ausstellern und in einen Kongress ausbreitet, wurde durch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement am Mittwochmorgen eingeläutet. Der nahm sich die Freiheit, beinahe sämtliche Initiativen zu kritisieren, mit denen sich die Musikbranche in den letzten Jahren aus ihrer Umsatzkrise zu befreien versucht. Statt über gesetzliche Regelungen nachzudenken (Radioquote, Kopierschutznovelle), mahnte Clement, müsse die Tonträgerindustrie technische Innovationen schneller in Produkte umwandeln. Der „zögerliche Umgang“ mit dem MP3-Format sei da ein abschreckendes Beispiel. Und Clement verwies mit Blick auf die Zuwächse der Konzertveranstalter darauf, dass deutsche Konsumenten durchaus bereit seien, Geld für Musik auszugeben.

Nur wenige Minuten später erklärte Eddie Cue von Apple das Erfolgsrezept des „iTunes“-Systems, das ein neues Zeitalter des digitalen Musikvertriebs einläutet und konventionelle Medien wie die CD entthront. Einem verdutzten Auditorium erklärte der Amerikaner Cue, wie einfach es sein kann, in nur 17 Monaten 125 Millionen Songs zu verkaufen.

Dass die Industrie Trends verschlafen und Fehler gemacht habe, räumte denn auch Maarten Steinkamp ein, Europa- Chef des fusionierten Sony-BMG-Konzerns. „Aber die CD-Verkaufszahlen und der Erfolg kommerzieller Download- Plattformen zeigen: 2004 ist ein Jahr des Übergangs für die Musikindustrie“, sagte er am Rande der Popkomm. In drei bis fünf Jahren würden die Majors einen Anteil von 20 bis 30 Prozent an den Download-Umsätzen haben.

Bis Freitagabend wird der Insidertreff auf dem Messegelände über Zukunftsperspektiven und gesellschaftliche Auswirkungen diskutieren. Davon wird man in der Stadt wenig spüren. Mit 400 Konzerten, die in den Nächten stattfinden, haben die Berliner genug um die Ohren.

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