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Berlin: Farbwechsel im Regierungsviertel

Ärger über Baufehler: Parlamentsgebäude müssen hell lasiert werden, Kanzleramt hat grüne Flecken

Gut möglich, dass der Bundestagsabgeordnete R., wenn er aus seinem Büro im Paul-Löbe-Haus blickt, demnächst ein Baugerüst sehen wird. Dabei ist das Gebäude seit mehr als einem Jahr bezogen und in Betrieb. Es galt als fertig – doch vielleicht müssen bald wieder die Maler anrücken. So, wie sie am Marie-Elisabeth-Lüders-Haus direkt auf der anderen Spreeseite bereits tätig sind. Dessen inzwischen mehr als viereinhalbjährige Baugeschichte ist ohnehin eine einzige Folge von Pannen und Problemen. Jetzt ist das nächste Malheur zu vermelden: Die Betonfassade zeigt dunkle Flecken.

Deshalb ist an dem Haus, das einmal die Parlamentsbibliothek beherbergen soll, die erste Schönheitsreparatur fällig, bevor es überhaupt fertig gestellt ist: Der Sichtbeton der Wände muss mit einer Lasur bestrichen werden, die die Flecken übertüncht. Und, Ironie der Geschichte: Genau das freut ausgerechnet denjenigen, der sich am meisten über das unansehnliche Äußere seines Bauwerks ärgern müsste: den Architekten Stephan Braunfels. Denn so wird es wahrscheinlich, dass nun auch das Paul- Löbe-Haus, das Pendant des Lüders-Hauses, eine Lasur erhält: und zwar in jenem hellen Grau, das Braunfels schon lange fordert.

Aber von vorne: Ursprünglich wollte Braunfels die beiden Gebäude in leuchtendem Weißbeton ausführen. Das wurde von der Bundesbaugesellschaft (BBB), die die Projekte im Auftrag des Bundestages betreut, als zu teuer abgelehnt. Sichtbeton sollte reichen. Doch Sichtbeton stellt hohe Ansprüche an Herstellung und Verarbeitung. Ansprüche, die die Baufirmen beim Lüders-Haus nicht erfüllt haben, weshalb der Beton an manchen Stellen eben dunkler ist als an anderen. Soweit sind sich Braunfels und die BBB einig – und auch das Bauunternehmen Walter-Bau, das 62 Prozent der Kosten für den nachträglichen Anstrich übernehmen wird.

Über die übrigen 38 Prozent aber gibt es Streit. Vorerst wird sie die BBB übernehmen – will sie sich dann aber von Braunfels wieder holen. Der Architekt nämlich sei als Generalplaner auch für die Kontrolle der Betonqualität zuständig gewesen und werde dafür in Regress genommen. Braunfels bündig: „Da haben die sich geschnitten!“ Die Vorgaben habe die BBB gemacht, er werde nicht zahlen. Man wird sich wohl vor Gericht sehen. Der Anstrich dürfte „einige hunderttausend Euro“ kosten, so BBB-Sprecher André Lundt.

Die Eröffnung des Lüders-Hauses braucht zwar wegen der Anstreicharbeiten nicht wiederum verschoben zu werden – es bleibt bei Ende 2003 –, doch fertig ist das „Band des Bundes“ dann immer noch nicht. Denn Braunfels hat als Farbe der Lasur ein „sehr, sehr helles, kühles Grau“ ausgewählt. Wenn die Fassade lasiert ist, wird das Lüders-Haus fast weiß erscheinen – das Löbe-Haus gegenüber aber dunkler. Eine Lasur verhindere zudem, dass das Gebäude nach Regen schmuddelig wirkt, sagt Braunfels. Er ist sicher: „Es wird dem Lüders-Haus angeglichen werden müssen.“

Und passt dann auch besser zum Kanzleramt. Das ist weiß – nur nicht mehr überall: Auf der Fassade zeigen sich grüne Flecken. Der Architekt Axel Schultes wollte die Regenschutzbleche an den Dachkanten so unauffällig wie möglich haben – und sie wurden zu schmal. Wasser tropft auf die Außenwände; an diesen Stellen haben sich Algen angesiedelt. Nun sollen die Bleche verbreitert werden: Damit weiß bleibt, was weiß sein soll.

Holger Wild

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