Fashion Week: Gute Zahlen, schlechte Stimmung
Die Modewoche schließt mit einer Erfolgsbilanz: Eine Viertelmillion Besucher, 120 Millionen Euro Umsatz. Aber hinter den Kulissen brodelt es. Vor allem Senat und Ämter provozieren Kritik. Die Branche sei Chefsache für Wowereit, heißt es. Aber viel zu spüren ist davon nicht.
Die „Fashion Week“ ist zu Ende – und klar, sie wird auch diesmal als Erfolg gefeiert werden. Geschätzte 250 000 Besucher, 120 Millionen Euro Umsatz, ausgebuchte Hotels und ausgelastete Taxifahrer. Bei den Modenschauen an der Siegessäule, bei Messen von „Bread & Butter“ und „Premium“ haben sich Besucher aus ganz Europa über die Trends für den Sommer 2013 informiert. Und dennoch sind in der Branche nicht alle zufrieden. Ein Konflikt zeichnet sich ab, der zur nächsten Modewoche eskalieren könnte.
Die landeseigene Messe-Gesellschaft will zur nächsten Fashion Week im Januar eine weitere Schau in die Stadt holen. Die „Panorama“ soll in den Messehallen am neuen Großflughafen in Schönefeld ihre Tore öffnen und wird als „neue internationale Modemesse für die Qualitätsführer des Volumensegments“ angekündigt.
Einige befürchten, dass Premium und Bread & Butter mit der neuen Messe Panorama um Aussteller, Besucher und Käufer konkurrieren. Schon jetzt haben 300 Unternehmen zugesagt, ihre Kollektionen im Januar in Schönefeld auszustellen. Darunter sollen auch Marken sein, die bislang bei Bread & Butter und Premium ausgestellt haben.
Die Veranstalter der Panorama erklärten, sie bedienten ein anderes Segment. Vor allem internationale, umsatzstarke Unternehmen stellen demnach in Schönefeld aus. „Die Überschneidungen mit der Bread & Butter sind minimal“, sagte Jörg Wichmann, Geschäftsführer der Panorama. Auch Michael Hofer von der Messe Berlin versteht die Vorwürfe nicht, der Senat lasse zu, dass sich die Branche selbst Konkurrenz macht: „Die Panorama ist eine Ergänzung, keine Konkurrenz zu den anderen Messen.“
Bildergalerie: Catwalk in der Berliner U-Bahn
Offen will sich noch niemand äußern, doch vielen ist aufgefallen, dass ausgerechnet rund um die Fashion Week einiges nicht so lief, wie es hätte laufen können: Da erteilten wohl Ämter nötige Genehmigungen für Veranstaltungen erst ziemlich spät. Da wurde der frühere Flughafen Tempelhof, in dem die Bread & Butter seit Jahren ausstellt, schon mal als künftiger Hort für die Internationale Gartenausstellung eingeplant. „Im Senat weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut“, sagt Klaus Lederer (Linke), der im Abgeordnetenhaus derzeit eine Taskforce für bedrohte Clubs fordert. „Alles Mögliche wird zur Chefsache ausgerufen, ohne dass es am Ende dann eine ist“, findet Lederer.
Tatsächlich hat sich Klaus Wowereit (SPD) als Mann der Messen und Mode immer wieder für die Branche starkgemacht. Einige, die ihn kürzlich getroffen haben, berichten, der kulturaffine Regierende Bürgermeister habe in den vergangenen Tagen noch weniger geschlafen als sonst, schließlich sei Fashion Week gewesen. Doch seine Auftritte täuschen nicht darüber hinweg, heißt es von Kennern, dass das Verständnis für die Schauen in den Verwaltungen immer noch nicht richtig ausgeprägt sei.
„Wowereit verspricht den Branchen vieles, von denen er meint, nur sie seien in Berlin wichtig. Allerdings ohne die Dinge dann mit Mitteln und Maßnahmen zu unterlegen“, sagt Alice Ströver von den Grünen, die lange Vorsitzende des Kulturausschusses im Abgeordnetenhaus war. „Der Senat springt auf den Modehype auf, ohne zu überlegen, wie es wirtschaftlich am sinnvollsten ist.“
Dafür, dass Mode in Berlin doch Chefsache bleibt, ist unter anderem Christoph von Knobelsdorff da. Knobelsdorff ist Staatssekretär in der von Sybille von Obernitz (parteilos, für CDU) geführten Senatsverwaltung für Wirtschaft. „Die Kreativwirtschaft hat enorme Bedeutung, gerade der Modebereich ist ein Beispiel für erfolgreiche Wirtschaftspolitik“, sagt Knobelsdorff.
Berlin sei gezielt als Standort aufgebaut worden, man habe Modehochburgen wie Düsseldorf mittlerweile abgehängt. „Wir haben in der Wirtschaftsverwaltung eine Ansprechpartnerin für die Modebranche, hinter der ein kompetentes Team steht“, sagt Knobelsdorff. Teil eines größeren Unterstützungsteams sei auch die Investitionsbank Berlin, die Millionen an Startkapital in der Branche vergeben habe. „Und ich habe nicht den Eindruck, dass sich etwa die Bread & Butter in Berlin nicht wohlfühlt.“
Doch Knobelsdorff weiß, dass die Fashion Week nun eine Größe erreicht hat, in der die nächsten Schritte sorgfältig geplant werden wollen: Was könne man noch hinzufügen, wo ist es vielleicht schon ein bisschen zu viel? Wäre da ein Mode-Rat, wie es ihn in London oder Paris gibt, nicht sinnvoll? Ein Gremium, das allen Akteuren immer den nötigen Überblick verschafft.
„Bevor wir ein solches neues Gremium und seine Strukturen unterstützen, geben wir das Geld lieber direkt in die Förderung von Unternehmen“, sagt Knobelsdorff. Die koordinierende Rolle sieht er beim Senat. Veranstalter, Aussteller und Modemacher sollen nun an einen Tisch geholt werden. Dort soll geklärt werden, wie es weitergeht, sagt Knobelsdorff: „Die Kreativwirtschaft, die Mode, verdient jedenfalls gebührende Aufmerksamkeit.“
Auf den Veranstaltungen der Fashion Week in den vergangenen Tagen wurde derweil munter spekuliert, ob und wie lange die Bread & Butter noch in Berlin bleibt. Kein Thema wurde an den Ständen so viel diskutiert wie die offenkundige Unzufriedenheit der Veranstalter mit dem Status Quo. Als möglicher künftiger Veranstaltungsort der Messe ist unter anderem Istanbul im Gespräch.