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Berlin: Fast vier Jahre Haft für Mai-Randalierer

29-jähriger Pole schmiss in Kreuzberg Steine auf Polizisten und kassierte dafür das bisher härteste Krawall-Urteil

Von Frank Jansen

Er warf Steine auf Polizisten, trat bei der Festnahme um sich und beschimpfte Beamte als „Nazischweine“. Wojciech M. (29) tobte bei den jüngsten Maikrawallen in Kreuzberg wie ein Berserker, mehrere Polizisten wurden verletzt. Nun bekam M. zu spüren, wie sehr die Justiz von dem alljährlichen Randaleritual genervt ist. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Polen gestern zu drei Jahren und zehn Monaten Haft – eine härtere Strafe für Mai-Chaoten gab es 2003 bisher nicht.

Für das Gericht ist Wojciech M. gleich mehrfach schuldig: Schwerer Landfriedensbruch, schwerer Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, gefährliche Körperverletzung, Beleidigung. Der in Berlin lebende Mann akzeptierte das Urteil, das damit rechtskräftig ist.

Es war gegen 21 Uhr am Abend des 1. Mai, als Wojciech M. in Kreuzberg nahe dem Mariannenplatz ausrastete. Er schleuderte drei Steine auf die Polizei und traf einen Beamten an der rechten Hand. Als mehrere Polizisten M. festnehmen wollten, brüllte er beleidigende und obszöne Sprüche und keilte derart aus, dass drei Beamte trotz ihrer Schutzkleidung Blutergüsse bekamen. Die Polizisten zwangen den Mann zu Boden, dabei wurde M. im Gesicht leicht verletzt. Tags darauf begann die Untersuchungshaft.

Das Amtsgericht verschonte den Mann gestern zunächst von weiterer Haft, doch muss er die Strafe in wenigen Tagen antreten. Das Risiko, Wojciech M. könnte sich nach Polen absetzen, hält die Justiz offenbar für gering. Der arbeitslose, allerdings auch wegen Körperverletzung vorbestrafte M. hat in Berlin eine Familie mit zwei kleinen Kindern.

Dass Polen bei den Krawallen mitmischen, scheint nicht ungewöhnlich zu sein. Bei der Staatsanwaltschaft heißt es, in den vergangenen Jahren seien regelmäßig am 1. Mai einige Polen festgenommen worden.

Die Justiz ist in diesem Jahr offenkundig nicht mehr gewillt, mit milden Strafen auf eine mögliche Abschreckung von Mai-Chaoten zu verzichten. Der gestrige Richterspruch ist nicht der erste, der hart ausfällt. Ein Beispiel: Im Juni verurteilte das Amtsgericht einen Mann zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung. Der 29-Jährige hatte in der Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai im Mauerpark in Prenzlauer Berg Flaschen auf die Polizei geworfen.

Die für politische Delikte zuständige Abteilung 11 der Staatsanwaltschaft unter der Leitung von Oberstaatsanwalt Jürgen Heinke hat sich seit dem 30. April allein wegen der Ausschreitungen in der Walpurgisnacht und am 1. Mai mit 348 Verfahren befassen müssen, mit oftmals mehreren Einzeltaten. In 134 Fällen ging es um Landfriedensbruch, dann folgen 110 Körperverletzungen und 103 mal Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Die Abteilung 11 erhob 139 Anklagen. Inzwischen sind 29 Urteile ergangen. Bislang wurden nur 16 Verfahren eingestellt.

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