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Franziska Giffey (SPD), Bezirksbürgermeisterin von Neukölln.

© dpa

Fastenbrechen mit Neuköllns Bürgermeisterin: Na dann, guten Appetit! Afiyet olsun!

Die Sehitlik-Moschee in Neukölln lädt zum Fastenbrechen - und Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey spricht mal wieder über das Kopftuch.

Als die Kanzlerin kürzlich einen Iftar-Empfang ihrer Staatsministerin für Integration beehrte, sah eine große deutsche Zeitung bereits Staatskirchentum heraufziehen und zitierte ungenannte „Spötter“, die nun auf Fronleichnamsprozessionen oder Karfreitagsgebete mit Kanzlerinnenbegleitung warteten.

Nun ist das allabendliche muslimische Fastenbrechen im Monat Ramadan eher profan als liturgisch und insofern eine Schwester von Aschermittwoch, Weihnachtsessen oder des Sternsingens an Dreikönig, die seit je zum Bestand deutscher Politfolklore gehören – bisher, ohne religionsverfassungsrechtliche Bedenken zu provozieren.

Aber natürlich ist ein muslimisches Abendessen noch immer kein Dreikönigstreffen, erst recht nicht in Neukölln. So kam’s, dass die Sehitlik-Moschee beim Iftar-Empfang am Montag, nach vielen freundlichen Grußworten, doch noch Schauplatz eines Staat-Religion-Konflikts wurde, einer zivilisatorischen Mini-Karambolage (clash of civilizations).

Da nämlich bat Pinar Cetin von der Moscheegemeinde Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey ans Mikrofon, betonte, wie sehr sich viele Musliminnen auf die junge Frau nach Heinz Buschkowsky gefreut hätten und auf mehr Verständnis für ihre Belange setzten. Zum Schluss der warmen Worte eine kurze Anspielung auf die jüngsten Neuköllner Schlagzeilen: „Selbstverständlich“ sei man „bezüglich des Kopftuchs anderer Meinung“. Giffey antwortete mit einem ausführlicheren Exkurs zu den vergangenen „harten Wochen“, die hinter ihr lagen – gemeint war der Fall der kopftuchtragenden Referendarin Betül Ulusoy: Sie sage „auch hier ganz offen“, dass sie „bei hoheitlichen Akten keine religiösen Zeichen“ wünsche.

Nun hatte Giffeys Bezirksamt nach eben jenen harten Wochen gerade einsehen müssen, dass es um Hoheitliches bei der Juristenausbildung nur höchst selten geht und Ulusoy deshalb nicht ausgesperrt werden könne. Und pauschale Kopftuchverbote per Gesetz waren im März höchstrichterlich gekippt worden. Der Redner nach Giffey war folglich nicht zu beneiden: Es war nämlich der Bundesinnen- und damit auch Verfassungsminister. Doch Thomas de Maizière nahm die Kurve elegant. Sprach von den Muslimen als einem großen Teil der Bevölkerung, der sich erwünscht fühlen solle, vom Klima, das für sie rauer geworden sei. Dass aber Reibung auch Wärme erzeuge.

Punkt 21.38 Uhr, Sonnenuntergang, war diese kürzeste aller Reden des Abends zu Ende. Und das Buffet somit eröffnet. Afiyet olsun, guten Appetit!

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