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Vier Masten und kein Halleluja. Das Flutlicht brennt, der Frust ist groß. Der Klub Energie Cottbus, der einst im Pokalfinale stand, 2000 in die Bundesliga aufstieg und prompt gegen Bayern München gewann, ist abgeschlagen Letzter der Zweiten Liga. Ex-Kanzler Gerhard Schröder sitzt hier schon lange nicht mehr mit Energie-Schal im Stadion.

© Imago

FC Energie im Abstiegskampf: „Noch ist Cottbus nicht verloren“

Am Freitagabend eröffnet Energie Cottbus als Schlusslicht die Zweitliga-Rückrunde. Der Klub stand einst im Pokalfinale, stieg auf, schlug die Bayern, war der Stolz der Lausitz - und irgendwann ging es bergab. Ein Interview mit Ex-Landrat Dieter Friese über die Folgen, die der Abstieg hätte.

Von Sandra Dassler

Herr Friese, Sie waren 16 Jahre lang Landrat im Spree-Neiße-Kreis, der Cottbus umschließt. Welche Bedeutung hat der FC Energie für diese Region?

Eine sehr große. Und zwar nicht nur als direkter Wirtschaftsfaktor, sondern vor allem als Marke.

Dann wäre der Abstieg aus der zweiten Bundesliga eine Katastrophe?

Eine Katastrophe nicht gerade, so würde ich nur etwas wie einen Tsunami bezeichnen. Aber es hätte negative Auswirkungen auf viele Menschen und wäre sehr bedauerlich.

Sie sind jetzt Rentner?

Ja, ich tue nur noch das, was mir Spaß macht.

Gehört die Tätigkeit im Verwaltungsrat von Energie Cottbus dazu?

Generell ja. Momentan kann ich allerdings nicht behaupten, dass es Spaß macht, Energie-Fan zu sein. Da müsste man schon masochistische Veranlagungen haben.

Der Verein wird bei einem Abstieg massiv sparen müssen, oder?

Ja, das trifft dann viele – auch das Funktionsteam, auch die Geschäftsstelle.

Auch Hotels und Gaststätten?

Sicher würde weniger Publikum kommen. Aber wer jetzt nur wegen der Fußballfans überleben könnte, hätte ohnehin was falsch gemacht.

Was meinen Sie damit, dass „die Marke“ das Wichtigste für die Region sei?

Gegenfrage: Wer hat denn vor dem Aufstieg von Energie in die zweite und später dann mehrfach in die erste Liga Cottbus gekannt? Beziehungsweise – warum hätte man Cottbus kennen sollen?

Zum Beispiel wegen der Bundesgartenschau im Jahr 1995?

Ach herrje, das ist doch nicht nachhaltig. Oder wissen Sie noch, wo die letzte oder vorletzte Bundesgartenschau war? Aber Fußballbegeisterte gibt es viele und überall auf der Welt.

Welt ist vielleicht ein wenig übertrieben, oder?

Na ja, als ich das letzte Mal in Israel war, hat mich der Taxi-Fahrer, der mich in Tel Aviv vom Hotel abholte, gefragt, wo ich herkomme. Und mir dann aus dem Stegreif sagen können, wie Cottbus am Tag zuvor gespielt hatte.

Höre ich da ein wenig Stolz heraus?

Ja, natürlich. Das wäre übrigens ein weiterer Nachteil bei einem Abstieg: Die Menschen hier identifizieren sich schon mit diesem kleinen Klub aus der abgelegenen Lausitz, der schon oft totgesagt wurde, aber immer noch da oben mitspielt. Das Selbstwertgefühl würde leiden.

Aber die Identifikation geht nicht so weit, dass die Fans jetzt zu Tausenden ins Stadion strömen, um „ihren“ Klub zu unterstützen.

Das ist so, leider. Es dürften nicht nur 7000 im Stadion sein. Da müssten mindestens doppelt so viele kommen, um ihre Mannschaft zu unterstützen.

Vielleicht liegt der schlechte Tabellenplatz – Cottbus ist Letzter – auch daran.

Vielleicht wirkt sich das tatsächlich auf die Spieler aus. Aber es ist keine wirkliche Erklärung. Die Spieler sind eigentlich gut, der Verein ist wirtschaftlich gesund – ich wundere mich nur, warum Fußballprofis so wenig Kampfgeist zeigen. Aber vielleicht kommt es ja in der zweiten Hälfte. Ich bin Optimist: Noch ist Cottbus nicht verloren.

Dieter Friese, 64, war bis 2010 Landrat für die SPD im Spree/Neiße-Kreis. Zuvor hatte es innerparteiliche Querelen um ihn gegeben. Er sitzt im Verwaltungsrat von Energie Cottbus.

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