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Die Julis machen Wahlkampf für die FDP

© dpa

FDP im Wahlkampf: Gelb ist die Hoffnung

Die FDP dümpelt in Umfragen bei drei Prozent, die Jungen Liberalen in Berlin kämpfen dennoch für ihre Mutterpartei als wären es die besten Zeiten für den Liberalismus.

Ein Windstoß – und schon liegen Brüssel, Bologna und Berlin auf dem Pflaster des Pariser Platzes. Mit gelben Schildern wollen die Jungen Liberalen Berlins bei ihrer Wahlkampfveranstaltung zeigen, was Europa für sie bedeutet: grenzenlose Freizügigkeit. Erst mal müssen sie die Schilder aber wieder aufstellen.

Mitja Schulz, der Berliner Landesvorsitzende der liberalen Jugendorganisation, greift nach den Holzstielen. Ein Dutzend junger Liberaler, kurz Julis genannt, hat sich hier versammelt. Sie verteilen Flyer und Kondome. Auch an Touristen, denn bei der Abstimmung zum Europaparlament seien einige von ihnen ja potenzielle Wähler.

Daniel, ein jugendlicher Neuberliner, bleibt stehen, fragt beim Landesvorsitzenden nach, was die Aktion bedeuten soll. Mitja Schulz lädt Daniel zur Schnupperstunde ein, immerhin seien seit Jahresbeginn 20 Neumitglieder begrüßt worden. Mitja Schulz drückt dem etwas verdutzten Daniel seine Visitenkarte in die Hand. Er solle sich melden, wenn er was wissen wolle. „FDP sagt mir nicht so viel“, erzählt Daniel. Die Liberalen haben es bei dieser Europawahl nicht leicht. Aus der außerparlamentarischen Opposition heraus müssen sie Wahlkampf machen. In Berlin hat die FDP mittlerweile splitterparteilichen Charakter, 1,8 Prozent bekam sie bei der letzten Abgeordnetenhauswahl.

Berlin ist ein schwieriges Pflaster

Kleine Prozentzahlen trüben die Laune von Schulz zumindest nicht sichtlich. Der oberste Juli der Stadt klingt wie ein gestandener Politiker, obwohl er beteuert, dass er Politik nie als Beruf ausüben möchte. „Ehrenamtlich und aus vollster Überzeugung“, das treffe eher auf sein Engagement bei den Julis zu. Schulz trägt Karohemd, Anzughose, schwarze Lederschuhe und eine Hornbrille. „Ich laufe aber meistens nicht so rum“, sagt der 24-Jährige. Der gebürtige Berliner kommt gerade aus dem Büro, zurzeit macht er ein Praktikum in der Hauptstadtrepräsentanz eines großen Automobilherstellers. Die Motivation und der Glaube bei den Julis, die zwischen 14 und 35 Jahre alt sind, muss sehr groß sein, um nach Schule, Uni und Büro Flyer und Kondome für die FDP zu verteilen.

„Berlin ist ein schwieriges Pflaster für uns“, sagt Schulz. Deswegen geht es am Abend zum Ausklang an einen Ort, wo der Wahlkampf etwas leichter fällt: auf den Ku’damm. In der S-Bahn verschnauft Mitja Schulz. Er spricht über die Piraten, die Alternative für Deutschland und dass sie seine liberale FDP nicht ersetzen könnten. Er erzählt vom Zusammenhalt seiner Julis und dass dieser Wahlkampf trotz seines utopischen Charakters sehr viel Freude bringe.

Die letzte FDPlerin

Am Wahlkampfstand nahe dem U-Bahnhof Kurfürstendamm stehen fünf gut gelaunte Jung-Liberale. Die FDP zählt auf die Unterstützung ihres Nachwuchses. Mit gelben Rosen und FDP-Feuerzeugen sollen hier die Wähler zum Kreuzchen für die Liberalen gebracht werden. Die FDP-Spitzenkandidatin in Berlin und Europaparlamentarierin Alexandra Thein steht dabei. Sie spricht mit Wählern über Währungs- und Europapolitik. Es gebe diesmal keine durchschlagenden europäischen Wahlkampfthemen, sagt sie. Sie wirkt etwas müde, dabei gebe es viel in Brüssel zu tun. Erst vor kurzem habe sie gegen das neue Obdachlosenpaket der EU gestimmt. Sozialstaat auf europäischer Ebene mache für sie wenig Sinn.

Alexandra Thein ist ein Unikat. Sie ist die letzte Berliner FDPlerin, die in einem Parlament sitzt. Bei dieser Europawahl tritt sie auf Listenplatz 7 an. Auch wenn es diesmal keine Sperrklausel gibt, braucht sie bundesweit deutlich mehr als fünf Prozent, um wieder ins Europaparlament einziehen zu können. Mitja Schulz kann da gelassener Wahlkampf machen. Er verteilt mit seinen Juli-Freunden die letzten gelben Rosen an die Passanten. Feierabend.

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