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Berlin: FDP will Job-Garantie im öffentlichen Dienst abschaffen Rechtsgutachter hält Kündigungsschutz bis 2009 für verfassungswidrig: Eine neue Landesregierung könnte den Tarifvertrag kündigen

Die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sind womöglich nicht so sicher vor Kündigungen geschützt, wie sie glauben. Denn die im Tarifvertrag bescheinigte Beschäftigungsgarantie bis 2009 könnte rechtswidrig sein.

Die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sind womöglich nicht so sicher vor Kündigungen geschützt, wie sie glauben. Denn die im Tarifvertrag bescheinigte Beschäftigungsgarantie bis 2009 könnte rechtswidrig sein. Das behauptet der Jura-Professor Klaus Adomeit in einem Gutachten über den Tarifvertrag vom Sommer 2003, das er im Auftrag der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus verfasst hat.

Dass die Beschäftigungsgarantie rechtlich anfechtbar ist, wird den Senat nicht stören. Doch ist dem Gutachten zufolge ein neuer Senat nicht an den Tarifvertrag gebunden. Er könne den Vertrag unter bestimmten Bedingungen kündigen. Entlassungen würden damit möglich. Adomeit, der an der Freien Universität unter anderem Arbeitsrecht gelehrt hat und inzwischen im Ruhestand ist, nennt zwei Gründe für die Anfechtbarkeit des Tarifvertrages. Erstens stellt er fest, dass die Tarifvertragsparteien – der Senat und die Gewerkschaft Verdi – sich nicht so sehr am Gemeinwohl orientiert haben, wie es das Grundgesetz verlangt. Es gehöre zu den „Fundamentalnormen“ des Grundgesetzes, dass sich Bund und Länder zum Beispiel in der Haushaltspolitik an den Notwendigkeiten des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts orientieren. Deshalb müssen sie zum Beispiel ihre Schulden begrenzen. Das versuche der Senat auch – so Adomeit –, wie man an den steigenden Kita-Gebühren ebenso gut sehen könne wie an den sinkenden Investitionen für Straßenbau. Doch im Umgang mit dem öffentlichen Dienst tue der Senat das nicht. „Die Beschäftigungsgarantie wird zum Hemmnis für den Abbau im überbesetzten öffentlichen Dienst, der gleichzeitig, durch Absenkung von Arbeitszeit in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt wird“, schreibt Adomeit – der Tarifvertrag ist für Arbeitsrechtler Papier gewordener „Sanierungsverzicht“.

Besonders kritikwürdig findet der Rechtsgutachter dies, weil der Senat in eigenen Gutachten hat feststellen lassen, „wie sehr die Entwicklung der Ausgaben für Personalkosten Hauptgrund für die Haushaltslage des Landes Berlin sind“. Das ist einer der Gründe der extremen Haushaltsnotlage, auf die sich Berlin in seiner Klage auf Sanierungshilfen vor dem Bundesverfassungsgericht beruft. „Widersprüchlich“ wirke es, wenn der Senat einerseits die Personalkosten zu senken verspreche, andererseits mit den Gewerkschaften eine Beschäftigungsgarantie bis 2009 zu verabrede. „Durch dieses Verhalten wird der Erfolg einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht auf Gewährung von Sanierungshilfen des Bundes gefährdet.“ Kurz gesagt: Der Tarifvertrag mit seiner Beschäftigungsgarantie mag im Interesse der öffentlich Bediensteten liegen – dem Gemeinwohl dient er aber nicht.

Daraus ergibt sich für Adomeit das zweite Argument gegen den Vertrag: Wenn schon der amtierende Senat die Interessen des öffentlichen Dienstes über das Gemeinwohl stellt, dürfe eine Nachfolgeregierung daran nicht gebunden sein. Ein 2006 neu gewählter Senat könnte sich auf die Verfassungswidrigkeit des Vertrages und auf seine durch die Vorgänger-Regierung stark eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten zur Haushaltssanierung berufen – und den Vertrag kündigen.

Genau das, so FDP-Fraktionschef Martin Lindner, werde er als Mitglied einer neu gewählten Landesregierung durchzusetzen versuchen. Er wolle „eine Verwaltung, die gut dasteht und gut bezahlt wird“. Dazu werde man zigtausend Beschäftigten kündigen müssen – selbstverständlich mit den entsprechenden Abfindungen. Doch könne das Land „Abfindungsklauseln, die für beide Seiten tragbar sind“, nur vereinbaren, wenn es keine Beschäftigungsgarantie gibt. Frei werdendes Geld will Lindner zum „Aufbau von Wirtschaftskraft“ nutzen.

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