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Berlin: Feier der Diplomatie

An ihrem Nationalfeiertag will die Schweiz wieder alpengroß rauskommen – schon zum fünften Mal

Von der Schweiz lernen heißt Diplomatie lernen. Darum jedenfalls soll es beim diesjährigen Nationalfeiertag gehen, der zum fünften Mal groß gefeiert wird. Botschafter Werner Baumann erinnert daran, dass er selbst dieses Fest nun schon zum dritten Mal veranstaltet. Aus diesem Anlass hat er zur Medienkonferenz eingeladen in sein ruhiges Gebäude zwischen Reichstag und Kanzleramt. Die Reihen sind gut besetzt, Blitzlichter gibt es keine. Purpurrot leuchten die Wände im Esszimmer auf den Emmentaler Käse-Wurstsalat, der auf der rechteckigen Tafel angerichtet ist. Im Hintergrund bauschen sich die bordeauxroten Vorhänge, auf die eine Ex-Hausfrau texanischer Herkunft so stolz war. Lange her.

Wenn in einem Spielfilm die Rolle des Diplomaten zu vergeben wäre, so, dass jeder Idiot versteht, was das ist, dann wäre Werner Baumann wahrscheinlich die ideale Besetzung: sehr freundlich, eher leise, sehr diskret. Als Alleinunterhalter wäre Reto Gaudenzi der perfekte Gegenspieler. Der Event-Manager hat ein unverwüstlich sonniges Temperament, füllt einen großen Salon allein mit seinem Tatendrang und bringt die Leute mit selbstironischer Großspurigkeit zum Lachen. Niemand stiehlt ihm hier die Show. Er führt erst einmal die Werbespots vor, die den Berlinern Lust auf Diplomatisches und das Fest am 1. August machen sollen. „Berlin diplomatisch“ ist das Motto, der Kanton Bern ist Pate, Wunder werden in Aussicht gestellt. Der Botschafter wird da sein, zusammen mit seiner Frau Susanna. Zwei riesig hohe Bären aus Eis sollen die Wappentiere von Bern und Berlin symbolisieren. Abends gibt es dann in der Botschaft für 1000 prominente Gäste einen Empfang mit vielen Erinnerungen an das Wunder von Bern, mit schwarzen Eiswürfeln in weißen Drinks, die an Fußbälle erinnern, und mit einer Karaoke-Bar, wo man die berühmte Reportage von vor 50 Jahren mitschreien kann. Zum Abschluss der Feierlichkeiten ist ein weithin sichtbares Feuerwerk geplant.

Zur Einstimmung gibt’s vorab eine Reihe von Kurzreferaten. Dabei ist viel zu erfahren über die Wirtschaftsverbindungen zu Bern, und dass das neue Fußball-Stadion dort über 30 Schindler-Aufzüge verfügen wird.

Der fünfte Nationalfeiertag werde ein großes Erlebnis werden, verspricht Reto Gaudenzi enthusiastisch. Er hat es geschafft, die Früchte des Brainstormings der Werbeagentur Jung von Matt und vieler anderer so zu verkaufen, dass sie auch ohne die pikante Sauce Scandaleuse rutschen, die Stammgäste der Veranstaltung von den ersten beiden Nationalfeiertagen kennen. Damals, als hier oft die Wände wackelten, als jeder den Schweizer Botschafter kannte und keiner dieses Fest verpassen wollte, gerade weil es in konservativen Kreisen nicht gerade als die alte Schule der Diplomatie galt. Sondern eher ein bisschen im Gegenteil. Das war vor Werner Baumanns Zeit. Gelöscht.

Keiner fragt mehr, ob Shawne Fielding und Thomas Borer auch kommen. Die klassische Diplomatie hat die Botschaft zurückerobert, mit eidgenössischer Gründlichkeit. Die Schweiz wird 713 Jahre alt, da muss man mit Erfahrung nicht geizen. Die Preview aufs Fest ist gelungen. Die Lektion in Diplomatie war inklusive.

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