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Berlin: Feiere lieber ungewöhnlich

Wer seine Partygäste beeindrucken will, lädt sie in die Kirche ein. Oder ins Kino. Oder auf ein Schiff

Berliner Flusspferde sind keine guten Gastgeber. Sie gähnen und stöhnen gern bei Ansprachen der Ehrengäste. Und ausgerechnet dann, wenn das Essen serviert wird, geben sie mit Vorliebe einem dringenden, aber unappetitlichen Bedürfnis nach. Trotz ihres Benehmens bekommen die Dickhäuter regelmäßig abends Besuch: Ihr Zuhause, das Flusspferdhaus im Zoo, kann man für Empfänge und Feiern mieten.

Das Problem kennt jeder, der schon mal einen runden Geburtstag oder einen Hochzeitstag oder sonst ein Jubiläum im großen Rahmen feiern wollte: Die eigenen vier Wände sind grundsätzlich zu klein, außerdem wäre es schade um Teppich und Couchgarnitur. Natürlich kann man Vereinsräume von benachbarten Sportclubs oder eine Kegelbahn anmieten – aber aufregend ist das nicht! Zum Glück gibt es in Berlin eine Menge ungewöhnlicher Orte, an denen gefeiert werden kann. Vorausgesetzt, man kennt die Adressen: In Mariendorf etwa steht die denkmalgeschützte „Adlermühle“ aus dem 19. Jahrhundert, die für wenig Geld vermietet wird. Der südliche Turm am Frankfurter Tor kann ebenso für private Veranstaltungen gebucht werden wie Kirchen, Schiffe oder historische Straßenbahn-Waggons.

Der Zoo bietet nicht nur sein Flusspferdhaus als „Partylocation“ an, sondern auch das Aquarium. „Die Fische benehmen sich besser und bleiben naturgemäß stumm“, sagt Lars Andresen vom Catering-Service des Hotels Interconti. Sein Team wird oft gebucht, wenn jemand im Zoo eine große Feier ausrichten will. Auf dem Tisch landen Fische nur selten. Stattdessen sind sie wie die Flusspferde für die Unterhaltung zuständig. Andresen und seine Kollegen kümmern sich um Speisen, Getränke, Möbel, Beleuchtung und alles andere, das man für ein Fest braucht. Denn der Zoo stellt nichts als den Raum. Die Feier dort geht schnell ins Geld. Für ein paar Stunden Feiern kommen mehrere Tausend Euro zusammen.

Fast ebenso ungewöhnlich wie mit Fischen und Flusspferden, aber wesentlich preiswerter feiert man bei Alexandr Sohmann. Der Russe betreibt eine Dampfbad-Sauna in Moabit. Und weil in seiner Heimat Geselligkeit in der Sauna Tradition hat, kam Sohmann auf die Idee, in seinen Räumlichkeiten Feiern ausrichten zu lassen. Nach Birken- und Eichenlaub-Aufgüssen gibt es Wodka, russische Spezialitäten und Karaoke – alles im Bademantel oder Saunatuch. Immer mehr deutsche „Mannschaften“, wie Sohmann die Partygesellschaften nennt, entdecken diese russische Art zu feiern. Einziger Nachteil: Mehr als 30 Personen passen nicht in die Sauna. Möchte man ein paar Gäste mehr einladen, ohne sein Konto empfindlich zu belasten, empfiehlt sich der alte Proberaum von Popsängerin Nena in Moabit: In die Fabriketage mit Disco-Ausstattung passen fast 100 Feiernde. Noch mehr Platz zum Tanzen ist im Union Filmtheater in Friedrichshagen. Zu Beginn des Abends kann man es sich dort in plüschigen, roten Sesseln gemütlich machen und einen Film ansehen – nach Wunsch auch einen selbst mitgebrachten. Anschließend wird getanzt. Manchmal werden die Partys im Kinosaal zu Nostalgie-Veranstaltungen, sagt Betreiber Matthias Stütz. „Neulich hat jemand alle seine Freunde eingeladen, um ihnen einen Film zu zeigen, indem er vor langer Zeit als Kind die Hauptrolle gespielt hatte“. „Verdammt, ich bin erwachsen“ hieß der Film sehr treffend.

Auch viele Kindergeburtstage werden im Union gefeiert: Dann dürfen die Kleinen zwischen den Sitzreihen Fangen spielen, anschließend steht ein Kinderfilm auf dem Programm. Vielleicht „Findet Nemo“, die Abenteuergeschichte mit dem sprechenden Clownfisch-Kind? Als Partygast auf der Leinwand ist Nemo für die Kinder mindestens so interessant wie gähnende Nilpferde und stumme Zoofische – nur preiswerter.

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