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Eine von vielen.

© dapd

Feiermeile: Das Brandenburger Tor bleibt Party-Zentrale

Viele Berliner finden, dass rund ums Brandenburger Tor zu viele Großevents stattfinden. Für einen kritischen Tagesspiegel-Kommentar gab es viel Zustimmung. Doch eine Schutzmeile kommt vorerst nicht.

Wenn es wenigstens nur Silvesterparty und Einheitsfest wären. Doch rund ums Brandenburger Tor ist das ganze Jahr über viel los. Viel zu viel, sagen zahlreiche Berliner. Denn häufig wird das historisch und architektonisch bedeutsame Wahrzeichen bei Großevents auf dem Pariser Platz oder dem Platz des 18. März durch eine gigantische Musikbühne, Werbeaufbauten, Würstchenbuden oder Container verstellt. 34 solcher Großveranstaltungen fanden 2011 hier statt. Nicht eingerechnet etliche Kunstprojekte, Infoveranstaltungen und Demonstrationen sowie das tägliche Schauspiel von Bettlern in Tier- oder Comic-Kostümen, die Touristen auf ein gemeinsames Foto drängen.

Auch 2012 wird es nicht anders sein: In Kürze beginnen auf der Straße des 17. Juni die Aufbauten für die Fashion Week. Im April wird ein internationales Kinderfest gefeiert, Anfang Juni folgt ein Umweltfestival, kurz darauf das Radrennen Velothon. Eventuell gibt es auch wieder eine Fanmeile zur Fußball-EM, und dann ist bald Zeit für die Sommerausgabe der Fashion Week. „So wird ein unablässiger, würdeloser Rummelplatz aus der ‚guten Stube‘ der Stadt“, sagt Kulturpolitikerin Monika Grütters (CDU), Vorstandssprecherin der Stiftung Brandenburger Tor. Dieser Kritik schließt sich unter anderem auch der stadtpolitische Sprecher der Grünen in Mitte, Eckhard Engert, an.

Tagesspiegel-Autor Peter von Becker schlug am Wochenende vor, eine Schutzmeile um das Tor zu errichten und Veranstaltungen erst in 100 oder 200 Entfernung auf der Straße des 17. Juni zu genehmigen.

Aus Sicht von Willy Kausch, der seit 18 Jahren die Silvesterparty am Brandenburger Tor organisiert, ist das logistisch bei seiner Veranstaltung nicht durchführbar: „Ich brauche Platz für Technik und zahlreiche Lkw für die Fernsehübertragung.“ Die seien am besten auf dem Pariser Platz, direkt hinter der Bühne unterzubringen. „Wenn jeder so eine transparente Bühne wie wir an Silvester aufbauen würde, wäre das Tor auch nicht so häufig verdeckt.“ Von der Möglichkeit, für solche Events auf Orte wie das Tempelhofer Feld auszuweichen, hält Kausch nichts: „Das macht kein großer Sponsor mit. Und die Fernsehübertragung könnte dann der RBB machen.“ Auch die zuständigen Sachbearbeiter im Bezirksamt Mitte sprechen sich gegen eine Schutzmeile aus, da die Situation für Rettungskräfte und technische Aufbauten bei einer Verlegung in Richtung Siegessäule nicht optimal sei.

Rund 150 Anfragen erreichen die Mitarbeiter jährlich. Genehmigt werden darf nur, wenn die Veranstaltung herausragende sportliche oder kulturelle Bedeutung hat und von gesamtstädtischem Interesse ist. Das entscheiden das Bezirksamt und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als verkehrsregelnde Behörde meist gemeinsam. Die Gebühren für die Nutzung fließen in die Landeskasse. „Doch ums Geld geht es nur bedingt. Vor allem will die Politik wirtschaftliche oder politische Interessengruppen nicht verärgern“, sagt ein Insider. Dem widerspricht der zuständige Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU): „Oft hat der Senat einfach noch andere wichtige Argumente zugunsten einer Veranstaltung im Blick.“ Doch auch er empfinde die Nutzung als zu stark. „In Zukunft müssen wir die Anträge noch genauer prüfen.“ Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) sieht das ähnlich: „Wir sind mit der Fülle an Veranstaltungen eigentlich über die Grenze des Sinnvollen hinaus und werden in diesem Jahr noch genauer hinschauen und manche Veranstaltung wahrscheinlich nicht mehr genehmigen. Nicht jede einmalige Veranstaltung darf zur Serie werden.“

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