zum Hauptinhalt
Fertig-Saucen im Vergleich.

© David Heerde

Feinkost-Test: Sauce Hollandaise aus der Packung

Holländische Sauce aus dem Tetrapak enttäuscht mit Fertigwürze und Fehltönen. Wir testeten die veschiedenen Marken.

Die echte Sauce Hollandaise hat jetzt, in der Spargelzeit, Konjunktur, doch sie ist selten geworden. Denn sie gilt als riskant, obwohl sie doch auf dem eigentlich simplen Vorgang beruht, Eigelb mit Butter im Wasserbad cremig zu rühren. Doch man darf bei ihrer Zubereitung keinen Augenblick beseiteschauen, und viele empfinden es offenbar als Zumutung, dass sie sich – wenn auch nur für kurze Zeit! – einer Sache vollständig widmen sollen.

Die Scheu vor der Konzentration hat zum Aufstieg der Fertigsaucen beigetragen. In Tetrapaks gefüllt stehen sie jetzt in den Supermärkten griffbereit neben den Spargelkisten, und sie nahmen für den Test Aufstellung im Restaurant Volt. In der hohen Halle des Umspannwerkes Kreuzberg nahmen sich die 250-ml-Packungen doch ein wenig mickrig aus und entsprachen damit dem Ruf, den ihr Inhalt unter Feinschmeckern genießt.

Das hielt Küchenchef Matthias Gleiß nicht davon ab, sich auf die Suche nach ihrer kulinarischen Bedeutung zu machen. Die Messlatte lag diesmal niedrig: Gefunden werden sollte eine vertretbare industrielle Abwandlung. Denn jeder Juror brachte einschlägige Enttäuschungen mit – gerade auch von Besuchen in der Gastronomie.

Es lag nahe, mit dem Marktführer zu beginnen. „Les Sauces Thomy Hollandaise“, die es auch in den Abwandlungen „Zitrone“ und „für Gemüse“ gibt, schickte gleich einen alten Bekannten ins Rennen: den Geschmack des Brühwürfels.

Hefeextrakt und Zwiebelpulver wirkten aber recht gut eingebunden in einem etwas remouladenhaften Gemisch, das nicht auf Butter basiert. Auch das Eigelb ( laut Deklaration 4,5%) fällt geschmacklich kaum ins Gewicht.

Beim Konkurrenten Knorr ersetzen Sonnenblumenöl, Stärke und Verdickungsmittel die Grundzutaten. Bei dieser mit etwas Säure abgeschmeckten Sauce störte neben der Pulverwürze auch das von den Bindemitteln verursachte leimige Mundgefühl. Knorrs Light-Version wirkte ein bisschen ausgewogener.

Unsere Testrunde probierte im Kreuzberger Restaurant Volt, wie sich fertige Hollondaise mit dem Spargel verträgt.
Unsere Testrunde probierte im Kreuzberger Restaurant Volt, wie sich fertige Hollondaise mit dem Spargel verträgt.

© David Heerde

Bei Aldis „Delikato“ ist der Eigehalt auf 3% gesunken, dafür gehen die Komponisten dieser schaumigen Sauce großzügiger mit Zitronensaftkonzentrat, Essig und Zucker um, so dass eine süß-saure Tunke herauskommt. Wenn Delikato erkaltet, stockt sie beinahe wie Vanillepudding.

Lidls „Kania Sauce à la Hollandaise“ könnte man mit noch mehr Berechtigung als Emulgat bezeichnen. Sie ist fast so dick wie Senf und lief nicht glatt aus dem Saucenpfännchen. Ein 40-Prozent-Anteil Pflanzenöl sowie etwas Butter ändern nichts daran, dass der Gaumen mit einer Art Kleister überzogen wird. Auf heißem Spargel äußerte sich noch ein Beigeschmack, den Gleiß metallisch nannte.

Das beim selben Discounter vertriebene „Linessa“ schien ebenfalls der Mayonnaise angenähert, doch es zeigten sich durchaus buttrige Aspekte neben einer recht strengen Säure. Bei der puddinghaften „Linessa Light“ wirkten die Zutaten besser gesteuert. Immer noch ging es ja um Surrogate, denn eine echte Hollandaise dauerhaft zu stabilisieren und konserviert in den Handel zu bringen, liegt offenbar nicht innerhalb der kulinarischen Reichweite der Industrie.

Dass es sich bei einer klassischen Hollandaise im Grunde um eine warme Butter-Mayonnaise handelt, gerät bei „Lukull“ allerdings vollends in Vergessenheit. Die häufig auf Märkten und in Metzgereien gehandelte Marke, die oft genug als Liter-Gebinde in den Speisekammern der Ausflugsgastronomie lagert, gilt als solides Erzeugnis. Doch selbst wenn man von Stärkeklümpchen hier und da absieht, bleibt unter dem Strich ein ernüchterndes Ergebnis. Die relativ steife Creme nähert sich der Margarine an mit einer wachsigen Fettigkeit, die auf Palmöl beruhen könnte.

Das ebenfalls in die Mischung eingegangene Rapsöl steuert einen Beiklang bei, der zumindest ungewöhnlich ist und auch nicht von der nach einigen Augenblicken in den Vordergrund drängenden Säure zum Schweigen gebracht wird. Die Light-Version von Lukull mit einem Fettgehalt von 15 Prozent fängt gut an, macht jedoch einem Aroma Platz, das Gleiß mit Gurke und Melone verglich. In Sachen Fehlton übertraf „Erntesegen mit Ur-Salz“ aus der Bio-Tüte Lukull noch. „Ein Geliererzeugnis wie für die Zitronentarte“, sagte Gleiß, „und dann schmeckt das plötzlich auch noch fischig.“ Halbwegs gut in dieser Sparte, wie der Juryvorsitzende sich ausdrückte, war dagegen die einen Tick zu süße wie senfige „Natur Compagnie Sauce à la Hollandaise“.

Mit dem Anstieg der Preise sank der Mut. Denn auch mit teureren Saucen liegt man keineswegs auf der sicheren Seite. Eher im Gegenteil: „Escoffier Sauce Hollandaise classic“ im vornehm etikettierten Schraubglas beispielsweise wirkte – cum grano salis – wie eine Bayerische Creme für Exzentriker. Bereits die statischen Maßnahmen – Agar Agar, Guarkernmehl und Xanthan – beeindrucken, noch mehr das Aroma, das die Runde mit Leinöl in Verbindung brachte. Es wird grundiert von voller Süße und ebensolchem Salz.

Noch mehr wie eine Sauce ohne Vorbild oder Tradition wirkte „Butter Lindner Sauce zum Spargel“. Sie wird ausdrücklich nicht als Hollandaise bezeichnet (eine Wirklichkeitstreue, die den anderen Herstellern wohl anstünde) und verspricht von den Zutaten her eine sinnvolle Begleitung des weißen Gemüses. Leider gibt dieser helle Fond nicht her, was mithilfe von Spargelfond, Crème fraîche, Limettensaft und Worcestersauce eigentlich möglich sein müsste. Röstnoten und Zitruszeste waren noch am deutlichsten auszumachen.

Ebenfalls als Beiguss auf Abwegen kam die verwegen gewürzte „Lacroix Sauce à la Hollandaise“ des Wegs. Kopfschüttelnd teilte der Koch seinen Befund mit: Der Geschmack pendele zwischen Käsefondue und Frikassee. Danach versprach „Oscar“ von bosfood.de Rettung. Schließlich hatte der Hersteller vor Jahren den Hühnerfond-Test mit Tim Raue für sich entschieden. Doch Estragon, Muskat und gründlich Essig schoben die Tunke ins Abseits der Marinaden.

Unter den Fertigprodukten lieferte eigentlich nur „Wela Sauce Hollandaise Paste“ dem stark wasserhaltigen Spargel die erforderliche Fülle. Auch bei der in erster Linie auf Wochenmärkten vertriebenen Pappröhre (z.B. von Heike Immelmanns Marmeladenstand auf dem Winterfeldtmarkt) ernüchtert schon die Deklaration. 19 Prozent Butterpulver, ungehärtetes Palmfett, Milcheiweiß, Curcuma usw. legen Künstlichkeit nahe. Doch auf dem dampfenden Gemüse ist außer der grellen Farbe sowie einer gewissen Mehligkeit kaum etwas zu spüren.

Trotzdem tat sich die Runde am Ende mit Behagen, in das Erleichterung gemischt war, an der köstlichen Hummerbutter-Hollandaise gütlich, die Matthias Gleiß aus einem Siphon auf die Spargel strömen ließ.

Gastgeber: Restaurant Volt, Kreuzberg, Paul-Lincke-Ufer 21, Tel.: 030-3384 02320

Zur Startseite