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Berlin: Fernbahnhof Zoo ist im neuen Fahrplan stillgelegt

Von Mai 2006 an hält in Charlottenburg-Wilmersdorf kein ICE mehr Senat wollte die Station erhalten, machte aber wenig Druck bei Mehdorn

Die Bahn schafft Fakten: Trotz aller Proteste sieht ihr jetzt fertig gestellter Fahrplanentwurf für Mai 2006 keinen Halt von Fernzügen im Bahnhof Zoo mehr vor. Verbindlich wird das Planwerk Ende Oktober. Damit bleibt es bei der von Bahnchef Hartmut Mehdorn vorgegebenen Linie, die Fernzüge auf der Stadtbahn im Bahnhof Zoo ohne Stopp durchfahren zu lassen. Sie sollen dafür im neuen und teuren Hauptbahnhof am Standort des ehemaligen Lehrter Bahnhofs halten. Damit hat der Bahnhof Zoo diese Funktion für die Stadt verloren.

Der künftige Hauptbahnhof in Tiergarten ist nicht nur der größte Turmbahnhof Europas mit acht Gleisen im Untergrund und sechs Gleisen auf der oberirdischen Stadtbahn, er ist wohl auch der teuerste Bahnhofsbau weit und breit. Rund 700 Millionen Euro wird er am Ende kosten.

Deshalb will die Bahn möglichst viele Fahrgäste zum neuen Bahnhof bringen. Sie sollen dort nicht nur zu ihren Zügen eilen, sondern auch konsumieren, also in den zahlreich geplanten Geschäften einkaufen gehen. Nur dann kann die Bahn die hohen Mieten, die sie verlangt, rechtfertigen. Das Mietniveau im Bahnhof entspricht nach Tagesspiegel-Informationen der Preisklasse für Läden am Kurfürstendamm.

Offiziell begründet die Bahn die Aufgabe des Bahnhofs Zoo als Fernbahnstation anders. Sie will angeblich die wenigen Minuten einsparen, die ein weiterer Halt erfordern würde. Außerdem, so die Argumentation der Bahn, sei es im Bahnhof Zoo schon jetzt viel zu eng. Prognosen zufolge würde rund die Hälfte der heute 20000 täglichen Fern- und Regionalbahnkunden ohne Probleme zum Hauptbahnhof wechseln, weil der für sie dann besser zu erreichen sei.

Der Senat hatte sich lange für einen weiteren Stopp der Fernzüge im Bahnhof Zoo eingesetzt – allerdings nur mit halber Kraft und ohne groß Druck auszuüben. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte die Argumente von Bahnchef Mehdorn schnell akzeptiert und Verständnis für die Bahn gezeigt.

Was politischer Druck anderswo ausrichten kann, hat die Bahn an ihrer Neubaustrecke Frankfurt (Main) – Köln erlebt. Dort hatten die Landesregierungen von Hessen und Rheinland-Pfalz dem von der Bahn gewünschten Trassenverlauf nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass die superschnellen Züge auch in den Kleinstadtbahnhöfen Limburg und Montabaur halten. Limburg hat 33600 Einwohner, Montabaur sogar nur 12450. Die Länder konnten in beiden Städten Bahnhofsneubauten durchsetzen. Und: Dort stoppen seither auch ICE-Züge. Und das, obwohl die Zahl der Fahrgäste, die dort ein- und aussteigen, überschaubar ist.

Charlottenburg-Wilmersdorf, Heimatbezirk des Bahnhofs Zoo, hat 315000 Einwohner. Nach wie vor setzt sich der Bezirk auch mit einem öffentlichen Protest auf großformatigen Plakaten dafür ein, dass der Halt Zoo ein Fernbahnhof bleibt. Für die Fahrgäste aus diesem Bereich verlängert sich die Fahrtzeit um 10 bis 20 Minuten, wenn sie zum Hauptbahnhof fahren, dort umsteigen und wieder zurückfahren müssen.

Kein Trost ist für die Zoo-Befürworter, dass die private Vogtlandbahn in Zukunft zum Bahnhof Zoo fahren will. Der Zug aus Plauen im Vogtland, der auch in Reichenbach, Werdau, Altenburg und Leipzig hält, fährt nämlich nur einmal am Tag. Und Fernbahnhof bleibt der Zoo dadurch keinesfalls.

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