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Foto: Paul Zinken

© Paul Zinken

Berlin: Feudeln statt feiern

Die Bar von Schauspieler Peer Kusmagk brannte ab. Er will in einer Woche wieder öffnen – und fand Helfer übers Internet

Von Fatina Keilani

„In diese Bar wollte ich immer schon mal“, sagt Arne Gärtner trocken. Statt eines nasskalten Samstagvormittags hatte er dabei sicher eher eine feucht-fröhliche Kreuzberger Nacht im Sinn – doch daraus wurde nichts. Denn die „Bar Raclette“ in der Lausitzer Straße brannte am vergangenen Wochenende aus. Nachdem Polizei und Feuerwehr alles gesehen hatten, darf dort jetzt geputzt werden. Barbesitzer Peer Kusmagk, vielen bekannt als Ben Bachmann aus der TV-Seifenoper „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, machte seinen Putzplan via Facebook bekannt.

BWL-Student Gärtner las das und ging hin, um zu helfen – wie rund 20 weitere Leute, die am Samstagmorgen hier schrubben und fegen. Kusmagk beeindruckt: „Das ist eine sehr erfreuliche Erfahrung. Ich kenne ein paar Leute hier überhaupt nicht.“ Arne Gärtner gehört zu diesen Fremden. „Wenn so etwas passiert, kann man ruhig mal helfen“, sagt der 24-Jährige. „Sonst würde ich jetzt in der Bücherei sitzen und meine Diplomarbeit schreiben. Da ist das eine schöne Abwechslung.“

Da sage noch einer, die Leute würden immer egoistischer und das Internet-Zeitalter produziere massenhaft stubenhockende Sozialautisten. „Ich glaube eher das Gegenteil“, sagt Gärtner. „Zu Hause bin ich nie, ich nutze das Internet unterwegs, über mein Telefon.“

Kusmagk hat noch Glück gehabt: Zwar brannte die Bar aus, aber Kusmagks nebenan gelegenes Restaurant blieb verschont und ist weiterhin geöffnet. Der gemütliche Raum mit den Klinkerwänden und den rohen Holztischen hat einen großen Kamin, ebenso wie die Bar. Ob von dort vielleicht…? „Das war sofort unsere Sorge“, sagt der 35-jährige Schauspieler. „Aber das war es nicht. Wir achten immer sehr darauf, dass keine Glut mehr da ist, wenn wir schließen.“ Die Brandursache sei laut Feuerwehr unbekannt.

Im vorderen Raum der Bar riecht man den Brand, sonst sieht es dort aber ganz gut aus. Die Fenster sind zerbrochen, die Wände verrußt, aber das Zimmer dürfte mit Schwamm und Bürste zu retten sein. Das Hinterzimmer dagegen ist völlig hin: die Decke zum Teil eingestürzt, die Wände praktisch aufgelöst, kein Fußboden mehr sichtbar. „Wir sind zwar versichert, aber das Weihnachtsgeschäft will sich kein Gastronom entgehen lassen“, erklärt Kusmagk die Eile. Wer wisse schon, wie schnell die Versicherung zahle.

Seine Freundin ist aus München angereist, seine Schwester aus Köln. Von anderen Schauspielern, Bekannten oder befreundeten Barkeepern ist am Morgen trotz Facebook-Aufrufs nichts zu sehen. „Die kommen, wenn alles fertig ist und die Zapfanlage wieder läuft – das sind die besten Freunde“, sagt Kusmagk. Wenig später ruft eine Stammkundin an, die am Freitag in der Bar feiern wollte und um ihre Party fürchtet. Sie will helfen. „Bring 20 belegte Brötchen mit, ich gebe dir das Geld dann wieder“, sagt Kusmagk, bevor er auflegt. Alle freuen sich auf die Brötchen. Das Ziel steht: Freitag soll die Party steigen. Fatina Keilani

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