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Wie im jeden Jahr gilt: Vorsicht beim Böllern.

© dpa

Feuerwehr ratlos: Zahlreiche Verletzte durch Böller schon vor Silvester

Im jeden Jahr ist es die gleiche Geschichte. Polizei und Feuerwehr warnen vor Feuerwerkskörpern und Böllern. Nun zeigt sich die Feuerwehr resigniert über Unbelehrbare. Am Freitag beginnt derweil der offizielle Verkauf von Pyrotechnik.

Schon Tage vor Silvester ist die Zahl der durch Böller verletzten Menschen so groß wie nie. Mehrere Männer erlitten schwerste Verletzungen. Im schlimmsten Fall erlitt ein 26-Jähriger Brandverletzungen, als in seinem Wohnzimmer in Mariendorf ein Sprengsatz explodierte. Das Zimmer brannte vollständig aus, eine Schwangere erlitt eine Rauchvergiftung. Nach Feuerwehrangaben wollte der Mann selbst Böller herstellen. Auch in Neukölln wurde ein Mann schwer verletzt, der mit einer Schere einen Kracher öffnen wollte. In Hellersdorf zerriss ein Böller, der zu früh zündete, die Hand eines 22-Jährigen. Zwei weitere Menschen erlitten Splitterverletzungen und ein Knalltrauma, als Unbekannte schwere Kracher zündeten.

Die Feuerwehr hat keine Hoffnung mehr, dass sich derartiges Verhalten durch Aufklärung noch ändern lässt. Die vor einigen Jahren gestartete Kampagne mit schockierenden Verletzungsfotos habe keinerlei positive Wirkung gezeigt, hieß es. Die Broschüren wurden in mehreren Sprachen an Schulen verteilt. „Ein gewisser Anteil von Menschen lässt sich nicht erreichen“, hieß es bei der Feuerwehr, ein Beamter sprach von „Resignation“. Denn es würden simpelste Regeln missachtet, wie das auf jedem Kracher abgedruckte „Nur im Freien verwenden“.

Auch die Nähe zu Polen verschärft das Problem in Berlin: Ganzjährig sind östlich der Oder hierzulande streng verbotene Knaller zu haben. Diese werden gerne Polenböller genannt, sind aber in Wahrheit kleine Sprengkörper. Die Einfuhr ist illegal, es drohen bis zu drei Jahre Haft. Doch erwischt werden die wenigsten, die Fahrt zum Markt in Polen gilt als Volkssport, sagte ein Beamter. Vor zwei Wochen holte die Bundespolizei zwei Kinder aus einem Regionalzug. Diese hatten die Schule geschwänzt, um sich mit Krachern einzudecken.

Im vergangenen Jahr beschlagnahmte das Zollfahndungsamt Berlin-Brandenburg 6000 in Deutschland nicht zugelassene Kracher. Wie viel Pyrotechnik tatsächlich aus Polen eingeschmuggelt wird, darüber gibt es keine verlässliche Angaben. Vor zehn Jahren hatte die Feuerwehr einmal geschätzt, dass die Berliner neben den 3000 Tonnen legalen Feuerwerks 300 weitere Tonnen aus Polen abbrennen. Doch 2007 sind die Grenzkontrollen weggefallen. „Die Pyrotechnik ist in Polen in allen Variationen und Mengen erhältlich“, heißt es beim Zoll – und das ganzjährig. Zoll und Polizei warnen davor, dass „mangelhafte Verarbeitung und die Verwendung von Industriesprengstoff selbst bei korrekter Anwendung zu lebensbedrohlichen Verletzungen führen“ können. Die Polizei leitet gegen jedes Opfer von Polenböllern Ermittlungen wegen eines Sprengstoffdeliktes ein.

In Deutschland darf Pyrotechnik ab dem heutigen Freitag verkauft werden. Wie in jedem Jahr werden Experten des Landeskriminalamtes mit den Ordnungsämtern der Bezirke stichprobenartig Geschäfte kontrollieren; in den vergangenen Jahren waren es etwa 1500. Zuletzt war die Zahl der Verstöße aber gesunken.

Nach Angaben des Verbandes der pyrotechnischen Industrie geht der Trend auch in diesem Jahr weiter zu Batterien und Verbundfeuerwerk – Produkte, die nur einmal angezündet werden müssen und dann „nacheinander eine Vielzahl von Knall-, Leucht- und Knistereffekten“ abfeuern, teilweise mehrere Minuten lang. Billig ist das nicht. Für die Neuheit „Destiny“, eine „65-Schuss-Batterie“, sind zum Beispiel 154 Euro fällig.

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