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Berlin: Feuerwehr suchte Brand im falschen Stock

Der Hamburger Bahnhof hat keine Sprinkleranlage – aus Angst vor Wasserschäden an der Kunst

Die Feuerwehr hat den Brand im Hamburger Bahnhof im verkehrten Stock gesucht. Dabei hat die automatische Brandmeldeanlage das Feuer korrekt im 1. Stock des Seitenflügels lokalisiert. Diese Information erreichte jedoch die Feuerwehrleute nicht – in ihrer Zentrale lief nur der Alarm „Feuer im Hamburger Bahnhof“ ein. In der Technikzentrale des Museums wäre jedoch der exakte Brandherd an einem Display zu erkennen gewesen. Ohne diese Information suchten die Feuerwehrleute dort, wo der meiste Qualm war: im 2. Stock. Als dort kein Feuer entdeckt wurde, suchten insgesamt zehn Trupps unter Atemschutz das ganze Gebäude ab. „Es hat relativ lange gedauert, bis wir den Brandherd gefunden hatten“, sagte der amtierende Chef der Feuerwehr, Wilfried Gräfling, gestern Abend dem Tagesspiegel. Entdeckt wurde der Brandherd erst durch den Einsatz einer Wärmebildkamera. Wieso diese entscheidende Information über den Brandherd versandete, konnte Gräfling nicht sagen: „Es gibt Ungereimtheiten, die geklärt werden müssen.“ Wie berichtet, hatte die Feuerwehr 90 Minuten gebraucht, um das Feuer im ersten Stock zu entdecken – gelöscht war es schnell. Auffällig sei vor allem die starke Verrauchung des Gebäudes gewesen, sagte Gräfling. „Wenn die Brandschutztüren funktioniert haben, wieso ist dann im ganzen Gebäude Qualm?“, fragt Gräfling nun. „Das ist mir völlig schleierhaft.“

Vom Museum war gestern Abend keine Stellungnahme zu den Vorwürfen mehr zu erhalten. Das Brandkommissariat der Kripo hat weiterhin sowohl die Teelichter als auch die Elektroinstallation des Kunstwerks in Verdacht. In der zimmergroßen Rauminstallation des Künstlers Kai Althoff war der Brand am Sonntagabend gegen 19.40 Uhr ausgebrochen. Im Museum hieß es gestern, dass die zur Installation gehörenden Teelichter nur ein einziges Mal angezündet worden seien: zum Fototermin. Möglicherweise habe ein Besucher die Lichter am Abend angezündet.

Nach Informationen des Tagesspiegels wurde der Museumswärter, der gegen 18.40 Uhr die letzte Runde in der Ausstellung drehte, immer noch nicht vernommen. Die Kripo erhofft sich von der Aussage dieses wichtigsten Zeugen die entscheidenden Hinweise zur Aufklärung. Die Videoüberwachung des Museums deckt diesen Bereich des Hauses nicht ab. Das Kunstwerk von Althoff selbst sei für die Ermittlungen „schlecht rekonstruierbar“, weil die Feuerwehr es zum endgültigen Ablöschen aus dem Fenster geworfen hatte, sagte ein Kriminalbeamter. Wie berichtet, hatte die Feuerwehr möglichst wenig Wasser eingesetzt, um den Schaden gering zu halten.

Der Brand hätte aus Sicht der Feuerwehr weniger Schaden verursacht, wenn das Museum eine Sprinkleranlage gehabt hätte. Der Stellvertreter des Landesbranddirektors sagte, ein Sprinkler – ein Gerät, das bei Feuer automatisch Wasser versprüht –könne auch in Museen sinnvoll sein. „Ein moderner Sprinkler hätte die Folgeschäden verringert“, sagte Gräfling. Der Hamburger Bahnhof hat wie die meisten Museen keinen Sprinkler, weil man Wasserschäden durch defekte Anlagen befürchtet. „Wasser schadet mehr als Ruß“, sagte auch Thomas Meyer von der Bauaufsicht des Senats. In Bibliotheken etwa seien Sprinkler „absoluter Irrsinn“. Die Museumsleute haben Angst, dass die automatisch ausgelösten Düsen die Bestände unter Wasser setzen. So liefen im Januar im Forum-Hotel 1200 Liter Wasser durch eine fahrlässig zerstörte Sprinklerdüse aus: Eine Touristin hatte einen Kleiderbügel drangehängt.

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