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Der Flughafen Tempelhof taucht in der Vorgeschichte der Spiele auf. 1934 gab es diesen Flughafen aber noch gar nicht

© SquareOne/Universum

Film "Zeit für Legenden: Berlins Geschichte - nicht ganz korrekt

Am Donnerstag kommt „Zeit für Legenden“ ins Kino, die Geschichte um Jesse Owens bei Olympia 1936. Die Stadt spielt dabei eine Hauptrolle – nur geschichtlich nicht immer korrekt.

Kino, das ist seit jeher die Welt der Illusionen, des schönen, freilich oft falschen Scheins. Für die Rolle des Olympioniken Luz Long, Gewinner der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1936, wochenlang schweißtreibend trainieren? Nicht mit David Kross. Nur sein Gesicht sei von acht Kameras aufgenommen worden, als er im Sitzen so tat, als setze er gerade zum Sprung an, verriet der Berliner Schauspieler kürzlich bei der Premiere von „Zeit für Legenden – Die unglaubliche Geschichte des Jesse Owens“. Die Bilder wurden dann am Computer seinem Körper-Double angepasst. Ähnlich hielt man es mit Jesse Owens selbst: Diesmal musste der kanadische Sprinter Hank Palmer, Teilnehmer der Olympischen Spiele 2008 in Peking, als Double für dessen Darsteller Stephan James herhalten.

David war also nicht Luz und Stephan nicht Jesse, aber Berlin bleibt doch Berlin, Austragungsort der Spiele von 1936 und für vier Wochen Drehort der an diesem Donnerstag startenden Biopic über den vierfachen Olympiasieger Owens. Für Regisseur Stephen Hopkins ein zwingender Drehort, verlieh er doch dem Film „eine unverzichtbare Authentizität, die wir niemals hätten erzielen können, wenn wir Berlin in Filmkulissen nachgestellt hätten“. Auch Stephan James ließ die Magie des Ortes nicht gleichgültig, als er durchs Marathontor das Stadion betrat und sich klar wurde, „tatsächlich exakt da zu stehen, wo Jesse gestanden hatte. Da wurde mir erst so richtig bewusst, wie enorm die Tragweite dieses Moments für ihn gewesen sein musste. Mir stockte der Atem. Es lief mir eiskalt den Rücken herunter. Sich vorzustellen, dass er hier angetreten war, während 100 000 Menschen zusahen...“

Mal mit, mal ohne Dach

Das Berliner Olympiastadion ist der Ort, auf den die Handlung zusteuert, zentral für den gesamten, wenngleich an vielen Orten spielenden Film. Und angesichts der beschworenen Authentizität dieses und der anderen im Film auftauchenden Berliner Orte sollte man schon ein bisschen genauer hinschauen.

Das Stadion sieht seit der letzten Runderneuerung etwas anders aus als 1936, aber wer sprintenden und springenden Athleten fremde Gesichter aufmontiert, sollte auch in der Lage sein, die Errungenschaften der Moderne am Computer wieder zu eliminieren. Bei Szenen in den Umgängen des Stadions war nicht viel zu ändern, aber das Dach über den Rängen musste natürlich weg: 1936 saß man noch unter freiem Himmel, das tut man auch im Film, jedenfalls fast. Denn auf einem der Pressefotos, auf dem die US-Mannschaft mit Owens bei der Ankunft vor dem Stadion gezeigt wird, ist am oberen Rand des steinernen Ovals noch deutlich das erst beim Umbau 2000 bis 2004 montierte Dach zu erkennen – vielleicht eine Nachlässigkeit beim Retuschieren, denn in der entsprechenden Filmszene ist das Dach weg.

Das neue Dach des Olympiastadions ist auf diesem Szenenbild noch zu sehen.
Das neue Dach des Olympiastadions ist auf diesem Szenenbild noch zu sehen.

© SquareOne/Universum

Hier ist das neue Dach des Olympia-Stadions nicht mehr zu sehen.
Hier ist das neue Dach des Olympia-Stadions nicht mehr zu sehen.

© SquareOne/Universum

Auch einige Nebengebäude des Stadions tauchen im Film auf, dann eine mit Hakenkreuzfahnen dekorierte Stuckfassade, die den Filmemachern offenbar als typisches Nazi-Berlin erschien. Sie zeigt noch nicht die Stadt der Spiele, sondern die im Jahre 1934, als der US-Sportfunktionär und spätere IOC-Präsident Avery Brundage nach Berlin reiste, um sich im Auftrag des US-amerikanischen Olympischen Komitees ein Bild von der Situation in Deutschland und vor allem der Lage der Juden zu machen. Denn lange Zeit war fraglich, ob die USA angesichts der repressiven NS-Politik teilnehmen würden.

Den Tempelhofer Flughafen gab es noch gar nicht

In diesem Zusammenhang huscht auch kurz der Flughafen Tempelhof durchs Bild, komplett fertiggestellt, wie man ihn heute kennt – eine, wie es scheint, am Computer entstandene Szene. Hier allerdings haben sich der Regisseur und sein Team an der Berliner Authentizität allzu sehr berauscht und dadurch die Realität aus den Augen verloren. Der Flughafen Tempelhof mag seit der Luftbrücke für die Amerikaner untrennbar mit Berlin und besonders dem alten Berlin verbunden sein. Im Jahr 1934 aber existierte er in der bekannten Form noch nicht. Erst ein Jahr später erhielt Architekt Ernst Sagebiel den Auftrag für den Entwurf eines neuen Flughafens, im Jahr der Spiele begann man mit dessen Bau. Richtfest wurde Ende 1937 gefeiert.

Es ist also bauhistorisch pure Fantasie, eine Ju 52 im Film elegant über den Sagebiel-Bau gleiten zu lassen – ganz zu schweigen von dem am Bildrand gerade noch zu erkennenden Luftbrückendenkmal. Es ist übrigens nicht irgendeine Maschine, sondern die mit der historisch verbürgten Kennung D-AQUI. Das ist die der Deutschen Lufthansa Berlin Stiftung, Anfang April 1936 in Betrieb genommen, heute für Rund- und Charterflüge zur Traditionspflege genutzt. Momentan nicht, seit man im Herbst in einem Holm des Rumpfes einen Riss entdeckte, eine Reparatur startete und daraus gleich eine Grundrestaurierung wurde. In dieser Saison fliegt die gute alte Tante Ju daher nur im Film.

Fehler im Film - nicht aufgepasst

Der Flughafen Tempelhof taucht in der Vorgeschichte der Spiele auf. 1934 gab es diesen Flughafen aber noch gar nicht
Der Flughafen Tempelhof taucht in der Vorgeschichte der Spiele auf. 1934 gab es diesen Flughafen aber noch gar nicht

© SquareOne/Universum

AUF PANNENSUCHE

Es gibt Filmfans, die stehen besonders auf Fehler. Freuen sich tierisch, wenn sie kleine Schnitzer im Ablauf der Bilder entdecken. Die Tasche der Hauptdarstellerin womöglich, die erst in der linken, dann in der rechten Hand getragen wird, ohne dass sie sich irgendwie bewegt hätte. Ein klassischer Anschlussfehler, wenn zwischen den Aufnahmen pausiert, aber nicht notiert wurde, wo sie denn nun die Tasche getragen hat.

BLÖDER BH

Kommt schon mal vor, dass beim Rennen oder wobei auch immer der Träger des Büstenhalters verrutscht. Ist so beispielsweise Franka Potente in „Lola rennt“ geschehen, als ihr von Moritz Bleibtreu gespielter Freund von einem Krankenwagen überfahren wird. Plötzlich lugt auf der rechten Schulter unterm Tank Top der Träger des Büstenhalter hervor – und kurz danach, ohne dass sich die Schauspielerin bewegt hätte, ist er wie von Zauberhand wieder verschwunden.

KREUZBERGS KOLLWITZPLATZ

Kein Fehler im eigentliche Sinne, vielmehr ein großzügiger Umgang mit der Topographie Berlins ist in dem demnächst startenden Thriller „Jason Bourne“ die Verlegung des Kollwitzplatzes in Prenzlauer Berg nach Kreuzberg: Gedreht wurde die Szene nahe der Oberbaumbrücke – außerhalb Berlins, so Regisseur Paul Greengrass, merke das keiner. Recht hat er. Auch die atemberaubende Schnelligkeit, mit der Matt Damon in „Die Bourne Verschwörung“ durch Berlin eilt – geschenkt.

AUF ZWEI RÄDERN

Ärgerlich, aber auch komisch sind dagegen Nachlässigkeiten wie in „Diamantenfieber“: Bond passt mit seinem Ford Mustang nur hochkant durch eine schmale Lücke, fährt auf den rechten Rädern hinein, kommt auf den linken wieder heraus. Kunststück. Schafft wirklich nur 007.

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