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Der Filmemacher Lior Shamriz will sich in seinen Filmen nicht mit dem Nahostkonflikt beschäftigen, sondern das Leben junger Künstler in Berlin porträtieren. Hier eine Szene aus "A Low Life Mythology".

© Szene aus "A Low Life Mythologie" von Lior Shamriz

Filmfestival: Mehr als nur Krieg

Filmfestival gibt es in viele in Berlin. Doch an diesem Wochenende versucht sich noch ein neues zu etablieren: Das Israel Film Festival im Moviemento in Kreuzberg zeigt die Vielfalt des Landes. Ganz ohne den Konflikt kommt es jedoch nicht aus.

Blutrache verfeindeter Nachbarn, der Krieg gegen den Libanon oder Witwen, die gegen die Enteignung ihrer Zitronenhaine kämpfen: Israelische Filme, die in den vergangenen Jahren in die deutschen Kinos kamen, behandelten den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern und die Zerrissenheit der israelischen Gesellschaft aus allen Perspektiven. Unvorstellbar, dass ein Film aus Israel etwas anderes thematisiert, möchte man meinen. Doch die Macher des Israel Film Festivals haben sich genau das in den Kopf gesetzt. „Viele haben dieses Bild, dass alles mit der Schwere des Konflikts zu tun hat“, sagt Michael Höfner, einer der beiden Kuratoren des Festivals, das ab dem heutigen Donnerstag im Moviemento in Kreuzberg stattfindet. „Wir wollen beweisen, dass die israelische Filmszene vielfältiger ist.“ Höfner und sein Kollege Jürgen Brüning wollen Filme zeigen, die universelle Themen ansprechen, Probleme und Erfahrungen, die Menschen auf der ganzen Welt haben können. 70 kurze und lange Filme, Spiel- und Dokumentarfilme werden bis Sonntag gezeigt.

So wird zum Beispiel die Geschichte von Oded gezeigt. Er ist Protagonist in Eran Kolirins „The Exchange“ und beschließt eines Tages, zu einer für ihn ungewohnten Zeit in seine Wohnung zurückzukehren. Dort fühlt er sich fremd, hört merkwürdige Geräusche und lernt seinen Alltag aus einer ganz anderen Beobachterperspektive kennen. Der Film „Alenbi Romance“ von Yanai Goz zeigt eine Liebesgeschichte zweier Nachtmenschen. Nico und Neta lernen sich in einer Bar kennen, wechseln in einen Club und wachen als romantisches Paar am Strand wieder auf. Doch als Nico und Neta durch das nächtliche Tel Aviv streifen, begegnen sie Menschen, die von der Arbeit kommen und sich auf eine Matratze in einem Hauseingang zum Schlafen legen. Eine ganz normale Liebesgeschichte. Doch Höfner sagt: „Auch hier ist das Land mit seinen sozialen Problemen immer erkennbar. Das lässt sich natürlich nicht ausblenden."

Lior Shamriz ist einer der drei Filmemacher, die das Festival mit einer eigenen Reihe würdigt. In Diskussionsrunden sprechen sie über ihre Filme. Shamriz hat sich bewusst dagegen entschieden, den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern zu thematisieren. Er will einfach Geschichten erzählen. „In Israel kann man Filme von allem Möglichen machen, aber im Hintergrund handeln sie alle doch nur immer vom Krieg und dem Militär. Das wollte ich nicht.“ Deshalb kam Shamriz vor sechs Jahren nach Berlin. In seinen Filmen zeigt er persönliche Geschichten junger Künstler in Berlin.

Der 34-Jährige will Filme machen, die etwas mit seiner Identität als Künstler zu tun haben. Und sich nicht immer wieder fragen müssen, ob seine Identität nicht vor allem dadurch bestimmt wird, dass er als Sohn von irakisch-iranischen Eltern in einem jüdischen Staat aufgewachsen ist.

Shamriz ist einer der wenigen, die den Anspruch des Israel Film Festivals erfüllen. Denn letztlich ist der Konflikt allgegenwärtig. Der Eindruck entsteht auch, weil mit einer Reihe des ermordeten Filmemachers und Schauspielers Juliano Mer-Khamis gedacht wird. Der Sohn einer jüdischen Menschenrechtsaktivistin und eines palästinensischen Kommunisten baute in Dschenin das „Freedom Theater“ auf, in dem Kinder aus dem Flüchtlingslager auf der Bühne standen.

2011 wurde er von einem maskierten Täter erschossen. „Natürlich entsteht das Bild der israelischen Filmszene ja auch durch das, was in der Region passiert und welche Filme tatsächlich darüber gemacht werden“, sagt Höfner. Und vielleicht ist das auch nicht das Problem. Denn manchmal gelingt dennoch ein humorvoller Blick auf die Geschehnisse: Wie in der Splatter-Komödie „Poisoned“ von David Lubetzky, in der ein Soldat zum Zombie mit Gartenschere wird und auf seine Kameraden losgeht – ein eher respektloser Umgang mit dem Thema Militär.

Israel Film Festival, 18. bis 21. Oktober im Moviemento, Kottbusser Damm 22, Kreuzberg. Die Karten kosten 7,50 Euro, ermäßigt 6,50, Kinder bis 12 Jahre 5 Euro.

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