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Berlin: Filmverleih, vollautomatisch

Schnell rein und schnell wieder raus - und zwar jederzeit. So wünschen es sich die Kunden, die gerne Filme aus Videotheken ausleihen.

Schnell rein und schnell wieder raus - und zwar jederzeit. So wünschen es sich die Kunden, die gerne Filme aus Videotheken ausleihen. Davon ist Mark Pantenburg, Chef der "Video-World"-Kette, überzeugt. Deshalb hat er schon Ende des Jahres 2000 damit angefangen, zusätzlich zu seinen konventionellen Videoläden so genannte "Videoverleih-Automaten" aufzustellen. Mittlerweile gibt es fünf vollautomatische Schalter in der Stadt.

An einem Monitor kann der Kunde den Filmtitel seiner Wahl antippen, der Automat spuckt die Kassette aus. Das Heimkino auf der Couch mit Chips und Bier kann jederzeit starten: keine Ladenöffnungs- oder Rückgabezeiten, die der Kunde versäumen könnte. Ausgeliehen und bezahlt wird per Magnetkarte, auf der ein Geld-Guthaben geladen wird und zu der ein PIN-Code gehört. Zusätzlich muss der Kunde seinen rechten Daumen auf eine kleine Glasfläche legen - erst dann wirft der Automat den Film aus.

Doch Pantenburg hat sich mit seinen Videoverleihautomaten gesetzlich auf unsicheres Terrain begeben. Nach Paragraph 7 Absatz 4 des Jugendschutzgesetzes "dürfen in der Öffentlichkeit bespielte Bildträger nicht in Automaten angeboten werden". Das Gesetz sei völlig veraltet, kritisiert Pantenburg. "Damals gab es diese Art von technischen Entwicklungen, wie wir sie eingeführt haben, noch gar nicht." Pantenburg betont sogar, dass er mit der Kombination der Magnetkarte mit dem persönlichen Fingerabdruck Jugenschutz sogar praktiziere.

Die Jugendschutzbeauftragte von Berlin, Ilse Kokula, sagt: "Die Betreiber haben sich bislang noch nicht an uns gewandt." Sie betont zudem, dass es nicht erlaubt ist, solche Automaten aufzustellen. Ilse Kokula verweist aber auch auf das Urteil des Verwaltungsgerichtes in Karlsruhe, welches entschieden hat, dass ein Videoverleihautomat mit Code-Karte, PIN-Code und Fingerprint-System nicht gegen die Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes verstößt. Damit gab das Karlsruher Verwaltungsgericht zwei Eilanträgen eines Betreibers von Videoverleihautomaten gegen die Stadt Mannheim statt. Über eine abschließende Änderung des Paragrafen im Jugendschutzgesetz "müssen jedoch der Bund und die Länder entscheiden", sagt die Berliner Jugendschutzbeauftragte. "Sie diskutieren schon seit zwei Jahren über eine grundlegende Änderung des Jugendschutzgesetzes".

Auch der stellvertretende Geschäftsführer des Interessenverbandes des Video- und Medienfachhandels in Deutschland (IVD), Jörg Weinrich, hält die Rundum-Versorgung mit Videos per Automat für eine "wackelige Angelegenheit" und sieht darin "ein hohes Investitionsrisiko". Die Vermietung per Automat könne nur erlaubt sein, wenn immer Fachpersonal vorhanden sei oder auf den "Hardcore-Bereich", also Pornografische Videos, verzichtet werde. Sein Argument: Jugendlichen dürfen solche pornografischen Produkte nicht zugänglich gemacht werden. Das sei hier jedoch immer noch nicht auszuschließen. "Video-World"-Chef Pantenburg hält dagegen: "Natürlich bieten wir in unseren Automaten Pornos an. Das wollen die Kunden schließlich auch."

Doch immerhin sei es wegen des Daumenabdruck-Systems nur mit Hilfe von Volljährigen möglich, an solche Filme zu kommen. "Was ist mit den Zigarettenautomaten, den Pornos im Zeitschriftenhandel oder den Spirituosen im Geschäft?", hält Pantenburg dagegen. "Wenn es Jugendliche darauf anlegen und einen Erwachsenen überreden können, kommen sie doch ebenso an die verbotenen Waren."

Die Videoautomaten-Idee hat der 42-Jährige aus Süd-Europa mitgebracht. In Spanien, Frankreich und Italien sei "fast an jeder Ecke so ein Automat." Zudem reiche hier allein die Magnet-Karte, um ein Video zu ziehen. "Wir hoffen auch, dass im Zuge der EU-Anpassung das Gesetz zu unseren Gunsten geändert wird." Schließlich riefen die Verbraucher stets nach mehr Dienstleistung, "und die bieten wir damit". Vor zwei Jahren haben die Behörden den Videothekenbetreibern verboten, auch sonntags Filme zu verleihen. "Dabei war das unser bester Geschäftstag", sagt Pantenburg. Der Automatenverleih soll helfen, die Lücke zu schließen - vom Profit einmal ganz zu schweigen. Pantenburg legt sich weiter für seine Automaten ins Zeug und plant, sobald die Rechtssprechung eindeutig ist, bis zu 50 Automaten in Berlin aufzustellen. Gegen den "Vorwurf einiger Leute", er würde damit Arbeitsplätze vernichten, wehrt er sich. Dadurch, dass der Sonntags-Verleih verboten wurde, seien viele Filialen unrentabel geworden. "Normalerweise würde ich die dichtmachen. So stelle ich dort aber einen Automaten hin, der bindet zumindest eine halbe Arbeitskraft plus einen EDV-Fachmann und jemanden, der die Verwaltungsarbeit übernimmt." Doch Leute, die prinzipiell keine Service-Leistungen an Automaten akzeptieren, sich lieber an der langen Schlange in der Bank anstellen statt den Geldautomaten zu benutzen, werde es immer geben.

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