zum Hauptinhalt

Berlin: Finanzamt fährt die Parkkrallen gegen Steuersünder aus Verwaltung legt Autos mit Wegfahrsperren still

Kritiker: Schuldner werden öffentlich bloßgestellt

Säumige Steuerzahler müssen in Berlin künftig damit rechnen, dass ihr Fahrzeug mit einer Parkkralle festgesetzt wird. In einem Pilotprojekt wollen vier Finanzämter von Montag an die Wegfahrsperre einsetzen, um Steuerschulden einzutreiben. Wenn dann nicht innerhalb von drei Tagen die Schuld beglichen wird, kann das Auto abgeschleppt, eingezogen und zur Versteigerung gebracht werden. Sollte durch den Modellversuch die Steuermoral steigen, will die Finanzverwaltung die Parkkralle flächendeckend einführen. Der Berliner ADAC lehnt das Projekt ab, weil der Schuldner dadurch öffentlich bloßgestellt werde.

Die Finanzverwaltung begründet das Pilotprojekt damit, dass mehr als zehn Prozent der Berliner Steuerpflichtigen nicht pünktlich zahlen. Zur Zeit belaufen sich in Berlin die aktuellen Steuerrückstände nach Angaben von Verwaltungssprecher Claus Guggenberger auf 586 Millionen Euro; allein bei der Kfz-Steuer belaufen sich die Rückstände auf 13 Millionen Euro.

In den nächsten sechs Monaten bringen zunächst die Finanzämter Kreuzberg, Treptow/Köpenick, Hellersdorf/Marzahn und das Finanzamt für Körperschaften die Parkkrallen zum Einsatz. Zwölf dieser Krallen, mit denen die Räder des Autos blockiert werden, wurden angeschafft. Der Fahrer wird zudem mit einem an der Scheibe angebrachten Warnaufkleber informiert. Nach Guggenbergers Angaben wurden auch bisher schon Autos gepfändet, wenn Steuerschulden nach Mahnungen nicht anders – beispielsweise über eine Pfändung des Lohnes – eingetrieben werden konnten. Der Einsatz der Parkkralle habe jetzt den Vorteil, dass Autobesitzer so eine deutliche Warnung und eine weitere Frist erhielten, ihre Schulden zu begleichen. Da viele Leute nicht auf ihr Auto verzichten wollten, erhoffe man sich, dass dann eher gezahlt werde. Dass die Beamten Schwierigkeiten haben könnten, die Fahrzeuge zu finden, glaubt Guggenberger nicht: „Die meisten stellen ihr Auto in der Nähe ihrer Wohnung ab.“

Die Parkkralle zum Eintreiben von Steuern gibt es in Bundesländern wie Schleswig-Holstein oder dem Saarland und auch in verschiedenen kleineren Kommunen. Als erste deutsche Großstadt hat Köln bereits Mitte der 90er Jahre zu diesem Instrument gegriffen, um Steuern und andere öffentliche Gebühren einzutreiben. Im Februar dieses Jahres startete Hamburg einen Modellversuch. Die Erfahrungen der ersten drei Monate sind nach Ansicht der dortigen Finanzverwaltung positiv. Seitdem ist die Zahl der Pfändungen bei ausgebliebenen Kfz-Steuer- Zahlungen um 40 Prozent gesunken. 19 Mal wurde die Kralle eingesetzt, in sechs Fällen blieb es bei der Androhung. Und lediglich zwei Mal musste ein Auto abgeschleppt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false