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Berlin: Finanzamt krallt sich das erste Auto

Opel Astra eines Lichtenberger Steuersünders mit Wegfahrsperre blockiert – weitere Versuche scheitern an Breitreifen und Halteverbot

Drei Flops, ein Erfolg – die ersten Versuche, Steuersünder mit der Parkkralle zum Zahlen zu bewegen, gestalteten sich überraschend problematisch. So gelang es dem Finanzamt Lichtenberg-Hohenschönhausen am Donnerstagabend zwar, die 4,5 Kilogramm schwere Kralle an dem Opel Astra eines „hartnäckigen Zahlungsverweigerers“ (O-Ton Oberfinanzdirektion) anzubringen, doch weitere für Freitag geplante Krallen-Einsätze scheiterten.

In zwei Fällen waren die extrabreiten Sportreifen der festzusetzenden Wagen das Hindernis. Die Kralle kann 225 Millimeter breite Reifen fassen, zu wenig für Pkw mit Spezialreifen. In dem anderen Fall stand der Wagen im Halteverbot.

Der Opel Astra-Besitzer muss seine Steuerschuld nun innerhalb von drei Geschäftstagen zahlen, sonst wird der Wagen versteigert. „Die Rückstände des Besitzers belaufen sich auf mehrere Tausend Euro“, erklärte gestern der Sprecher der Berliner Oberfinanzdirektion, Manfred Becker. Ob der Wagen das reinbringt, ist ungewiss. Das Modell sei nicht neu, sagte Becker, es „schien aber fahrtüchtig zu sein“. An der Scheibe kleben nun Pfändungssiegel und ein leuchtend roter Aufkleber: „Vorsicht: Fahrzeug ist mit Parkkralle blockiert. Nicht in Betrieb setzen.“ Dazu eine Telefonnummer, unter der man sich melden kann. Dies ist dem Steuersünder, der seinen Wagen im Halteverbot abgestellt hat, erspart geblieben. Die Steuerfahnder zogen unverrichteter Dinge wieder ab: „Wenn wir das Auto umsetzen lassen, verursachen wir Kosten und genau das wollen wir ja nicht“, sagte Becker. Natürlich könne man ein gepfändetes Auto auch gleich zum Versteigerer schleppen – aber, so Becker: „Die Parkkralle ist ein mildes Mittel, mit dem wir die Wegnahme verzögern.“

Erfolgreicher war das Finanzamt für Körperschaften I: Es hat einmal versucht, die Parkkralle einzusetzen, doch der Steuersünder war schneller. Durch sofortiges Begleichen der Schuld wurde Kralle vermieden.

Trotzdem hält sich die Begeisterung der Oberfinanzdirektion über die Möglichkeit, Autos zu pfänden, in Grenzen. Wegen des technischen Aufwands. „Wir machen das ungern, weil wir das Risiko der Verwertung haben“, sagte Becker. Das Fahrzeug müsse immerhin so viel Wert sein, dass damit die Abschleppkosten bezahlt werden können. Im vergangenen Jahr seien rund 500 Kraftfahrzeuge gepfändet worden – bei über 700 000 Vollstreckungsvorgängen. Beim Einsatz der Parkkralle stellt sich überdies eine besondere Frage: Die Finanzämter erfahren zwar, ob ein Steuerschuldner Halter eines Fahrzeuges ist. Doch sie wissen nicht, ob der Halter auch der Besitzer ist. So kann das „gekrallte“ Fahrzeug zum Beispiel in Bankenbesitz sein – eine Pfändung wäre dann nicht möglich, der Einsatz der Vollstreckungsbeamten vertan, das Abschleppen sinnlos. An die Frage, was passiert, wenn ein Steuerschuldner die Parkkralle einfach abmontiert und sein Fahrzeug versteckt, möchte Becker gar nicht erst denken: „Das wäre schlecht.“

Seit Anfang Juni läuft in vier Finanzämtern ein Modellversuch mit der Parkkralle, die an Autoreifen angebracht werden kann. 13 der knallgelben Geräte wurden angeschafft und stehen den Finanzämtern Kreuzberg, Treptow-Köpenick, Lichtenberg-Hohenschönhausen und dem Finanzamt für Körperschaften I zur Verfügung.

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