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Gut geprüft ist halb gewonnen. Steuerschätzer erwarten bis zum Jahr 2013 Mindereinnahmen von 546 Millionen Euro für das Land. Umso wichtiger, dass die Finanzbeamten bei dem, was noch kommt, genau hinschauen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Update Exklusiv

Finanzbehörden: Personalrat: Land verschenkte durch unbesetzte Stellen 75 Millionen Euro - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren befürchtete der Gesamtpersonalrat der Berliner Finanzämter einen "Kollaps". Hunderte Stellen würden fehlen. Die Finanzverwaltung sagte hingegen, die Ausstattung sei ausreichend. Was Sabine Beikler darüber schrieb.

Von Sabine Beikler

Sie bearbeiten Steueranträge, setzen Steuern fest und erheben sie: Mit ihrer Arbeit bringen Finanzbeamte dem Land Einnahmen in Millionenhöhe. Doch die Personalnot in den 23 Berliner Finanzämtern wird immer größer. Nach Berechnungen der Verwaltung fehlen in den Ämtern 960 Stellen. Das entspricht der Größe der Finanzämter Charlottenburg, Lichtenberg, Steglitz und Zehlendorf. Laut einer Personalbedarfsberechnung müssten 6968 statt aktuell 6008 Stellen in den Ämtern besetzt sein. Damit gingen dem Land jedes Jahr Steuereinnahmen bis zu einer halben Milliarde Euro verloren, kritisiert der Gesamtpersonalrat der Finanzämter. Der Personalratsvorsitzende Klaus Wilzer spricht von einem „Ausbluten“ der Ämter. „Wir fordern Sie deshalb auf, endlich konkrete Maßnahmen zu treffen, um dem drohenden Kollaps der Finanzämter und der permanenten Überforderung der Kollegen entgegenzuwirken“, schreibt der Personalrat an Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) in einem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt.

Nur 668 statt 809 Betriebsprüfer

Statt 809 Betriebsprüfern, wie es die Bedarfsberechnung für die Länder ausweist, arbeiten derzeit nur 668. „Jeder Betriebsprüfer erzielt ein durchschnittliches Ergebnis von 531.000 Euro p ro Jahr“, sagt Wilzer. Hochgerechnet gehen dem Land somit rund 75 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr verloren. Ähnlich ist die Situation bei den Sonderprüfern für die Umsatzsteuer: Statt 198 Prüfern werden in Berlin derzeit nur 141 eingesetzt. Ein Sonderprüfer erzielt ein Ergebnis von etwa 888.000 Euro jährlich. Das macht hochgerechnet einen Einnahmeverlust für das Land von etwa 50 Millionen Euro pro Jahr aus.

Die dramatische Stellensituation wird sich in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen, weil bis zum Jahr 2015 etwa 1000 Beschäftigte aus Altersgründen ausscheiden. Der Senat hat zwar einen Einstellungskorridor von jährlich etwa 150 Mitarbeiter zugelassen. Doch kommen laut Personalrat in diesem Jahr nur etwa 60 Nachwuchskräfte für eine Übernahme ins Beamtenverhältnis in Betracht. 80 Prozent der Finanzamtsmitarbeiter arbeiten im Beamtenverhältnis, 20 Prozent sind Angestellte. Die personelle Ausstattung beträgt laut Angaben des Personalrats noch rund 86,2 Prozent.

Die Finanzverwaltung weist die Kritik entschieden zurück

Die Finanzverwaltung weist die Kritik des Personalrats entschieden zurück. Sprecher Daniel Abbou sagte, der Ausstattungsgrad bei den Finanzämtern betrage 88 Prozent und sei ausreichend. Die Prüfungshäufigkeit bei mittleren Betrieben mit einem Jahresumsatz von mehr als 800 000 Euro betrage in Berlin 27 Prozent, auf Bundesebene im Durchschnitt nur 23 Prozent. Die Häufigkeit, mit der in Berlin Kleinbetriebe steuerlich geprüft werden, liege bei 13 Prozent, das seien zwei Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt. Dazu zählen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 155 000 Euro. „Wir liegen mit den Prüfungen in Berlin über dem Bundesdurchschnitt. Der Bedarf ist ausreichend“, sagte Abbou. Das Argument „Je mehr Finanzbeamte, desto mehr Geld in die Kasse“ könne nicht greifen. „Es geht nicht um Köpfe, sondern um eine effiziente Arbeit“, sagte der Behördensprecher. Die Verwaltung setze auf „zielgenaues Zugreifen“. Damit sei nicht gemeint, dass Finanzbeamte nicht effektiv arbeiten würden, betonte Abbou. Auch der Einstellungskorridor für Nachwuchskräfte ist nach Meinung der Behörde bis 2013 „ausreichend“.

Leichtes Einnahmeplus bei den Steuern in diesem Jahr

Berlin hat zwar in diesem Jahr ein leichtes Einnahmeplus bei den Steuern zu verzeichnen: Bis Mai flossen 2,9 Milliarden Euro aus Steuereinnahmen. Davon entfielen 1,06 Milliarden Euro auf die Umsatzsteuer. Doch der Druck auf die Landeskasse wächst weiter. Ab 2012 muss das Land mindestens 350 Millionen Euro einsparen. Nur so kann das Ziel erreicht werden, ab 2020 ohne neue Schulden auszukommen, wie es die Schuldenbremse vorschreibt. Und laut Steuerschätzung werden die Steuereinnahmen im nächsten Jahr wieder einbrechen. 2011 fehlen zusätzlich 161 Millionen Euro, 2012 sogar 195 Millionen Euro, und für 2013 sagen Steuerschätzer Mindereinnahmen von 190 Millionen Euro für Berlin voraus

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"..

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