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Berlin: Finanzsenator will von Bezirk Geld für Jugendhilfe zurück

Stadträtin wollte eingesparte 2,1 Millionen Euro für Familien verwenden. Für Sarrazin sind das Mittel, die der Kommune nicht mehr zustehen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Dem Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg fehlen auf einmal 2,1 Millionen Euro, die Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) dem Bezirk aus dem laufenden Haushalt gestrichen hat. Die zuständige Stadträtin Monika Herrmann (Grüne) ist geschockt, weil sie das Geld teilweise schon verplant hat: für ein Familienzentrum am Mehringdamm, das im Juni eröffnet werden sollte, für die Sprachförderung von Kindern und ähnliche Projekte. Die Finanzverwaltung sieht sich im Recht – die Jugendstadträtin auch.

Die umstrittenen 2,1 Millionen Euro hatte das bezirkliche Jugendamt im vergangenen Jahr bei der Jugendberufshilfe eingespart. Es sollte deshalb 2007 in andere Bereiche der Jugend- und Familienhilfe umgeleitet werden. „Das geht nicht“, sagt der Sprecher der Finanzverwaltung, Matthias Kolbeck. Er verweist auf eine geänderte Ausführungsvorschrift zum Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes (KJHG), nachdem die Jugendberufsbildung nicht mehr Sache der Kommunen, sondern der Bundesagentur für Arbeit sei. Entsprechend können die Bezirke zwar noch berufsfördernd tätig werden, müssen es aber nicht mehr.

In der Folge wurden von den – 2006 in den Bezirksetats vorhandenen – Mitteln berlinweit acht Millionen Euro nicht ausgeschöpft. Gelder des Landes, die Finanzsenator Sarrazin nun zurückfordert. „Zuschüsse für eine Aufgabe, die nicht mehr erfüllt werden muss, kann Friedrichshain-Kreuzberg nicht einfach behalten und umverteilen“, sagt Sprecher Kolbeck. Die Rechtslage sei sonnenklar. Das sieht die Jugendstadträtin Herrmanns anders. Sie hatte sich zwar darauf eingerichtet, dass die 2,1 Millionen Euro 2008 abgezogen werden. „Aber jetzt greift Sarrazin einfach in den geltenden Doppelhaushalt ein.“ Sarrazin beeinflusse so die Jugendförderung der Bezirke.

Die Stadträtin fühlt sich also gegängelt und bestraft. „Wir hätten das Geld ja in Zusammenarbeit mit unserem Job-Center ausgeben können. Wir wollten es aber für Projekte nutzen, die wir aktuell sinnvoller finden.“ Um die Ziele des viel gepriesenen „Netzwerks Kinderschutz“ umzusetzen.

Monika Herrmann weiß jetzt nicht, wie sie die neuen Vorhaben bezahlen soll. Der Bezirk hat sich ja schon vertraglich gebunden. Zumal weitere finanzielle Belastungen dazukommen. So habe die Jugendverwaltung des Senats die Bezirke beauftragt, ab Juni Kinder- und Jugendbeteiligungsbüros einzurichten. Das kostet in Friedrichshain-Kreuzberg 50 000 Euro. Der Senat leistet aber nur eine Anschubfinanzierung von 5000 Euro.

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