zum Hauptinhalt
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Montag nach einem Koalitionstreffen zum Tegel-Volksentscheid.

© Maurizio Gambarini/dpa

Fliegerviertel in Berlin-Tempelhof: Michael Müllers Nachbarn strafen SPD ab

In Michael Müllers Kiez hat die SPD fast zehn Prozent der Zweitstimmen verloren. Auch in Sachen Tegel stimmten seine Nachbarn gegen die Senatslinie.

Ausgerechnet die direkte Nachbarschaft des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller hat die SPD abgestraft. Im Stimmbezirk um den Schulenburgring in Tempelhof hat die Partei gegenüber der letzten Bundestagswahl 4,7 Prozent der Erststimmen verloren und liegt mit 22,9 Prozent auf Platz drei hinter Grünen und CDU. Bei den Zweitstimmen sind die Verluste dramatischer: Um 9,7 Prozent ist das Ergebnis abgerutscht, die SPD dümpelt nun bei 19,5 Prozent. Müllers Nachbarn haben mit 24 Prozent der Erststimmen mehrheitlich die Grünen gewählt, gefolgt von der CDU. Und nur 45 Prozent haben hier auf Senatslinie gegen die Offenhaltung von Tegel gestimmt.

Die Leute hier wissen, dass Müller auf dem Schulenburgring im roten Backsteinhaus mit dem Polizeihäuschen davor wohnt. Die meisten haben ihn schon gesehen, einige grüßen ihn, andere verweigern ihm den Wahlkampf in ihren Geschäften. „Er soll lieber was für unsere Kitas tun, für die verrottenden Schulen, statt hier alle paar Jahre mal Rosen zu verteilen“, sagt eine Verkäuferin. Andere finden ihn auf nachbarschaftlicher Ebene zwar nett, haben sich davon aber in ihrer Stimmabgabe nicht beeinflussen lassen. "Ich denke, viele haben hier bundespolitisch abgestimmt und nicht über den Bürgermeister", sagt ein Nachbar. Seine Frau und er haben beide für die AfD gestimmt, "damit die mal ein bisschen Gegenwind in den Bundestag bringen".

Anwohnerin: "Müller ist im Wahlkampf wahnsinnig hölzern"

Eine Cafébesitzerin ist erschrocken über den Erfolg der AfD im eigenen Kiez. Die Rechtspopulisten liegen hier immerhin bei den Erststimmen mit 6,9 Prozent noch vor der FDP. Dass viele Leute hier nicht mehr SPD wählen wollen, hat sie überrascht, kann es aber verstehen: Müller werde im Viertel weder als sympathisch noch präsent wahrgenommen. Auch sei es nicht so, als ginge er in den Läden aus und ein wie oft behauptet, nur eben vor Wahlen. „Er ist wahnsinnig hölzern, wie er hier Wahlkampf macht, er kann einfach nicht so nonchalant auf Leute zugehen wie ein Wowereit, der den Leuten immerhin mit Humor begegnet ist, oder wie Renate Künast, die hier auch einen Stand hatte und wirklich mit den Leuten ins Gespräch kommt.“

Sie selbst hat aus Überzeugung die Grünen gewählt. "Müller haben hier viele übel genommen, dass er für die Bebauung des Tempelhofer Feldes gekämpft hat." Natürlich erlebt auch Tempelhof, besonders das Fliegerviertel, wie schnell die Straßenzüge durchgentrifiziert werden. "Noch vor zehn Jahren haben wir hier eine günstige Wohnung bekommen. Heute bekommt man für den gleichen Preis eine Bruchbude, wenn überhaupt." Dass der Kiez mehrheitlich gegen die Schließung von Tegel gestimmt hat, kann sie dennoch nicht nachvollziehen: „Wir haben noch erlebt, wie laut hier die Flugzeuge rübergeflogen sind. Wie kann man so was für die anderen wollen?“

Zur Startseite