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Berlin: Flierl probt am Checkpoint Charlie den Alleingang

Bauzaun, Freiluftausstellung und dann ein Museum. Der Senat ist überrascht, die Finanzierung unklar

Monatelang sah es so aus, als hinterließe die Räumung der Mauerkreuze eine Brachlandschaft am Checkpoint Charlie. Doch jetzt soll alles ganz schnell gehen – jedenfalls, wenn es nach dem Willen von Kultursenator Thomas Flierl (PDS) geht. Gestern preschte er mit einem Zeitplan für sein bisher eher vage umrissenes Drei-Phasen-Konzept vor: „In etwa drei Wochen“, sagte Flierl dem Tagesspiegel, sollen um das Gelände, auf dem bis Anfang dieser Woche die Mauerkreuze von Museumschefin Alexandra Hildebrandt standen, zwei insgesamt 360 Meter lange und drei Meter hohe Bauzäune gezogen sein. „Bis spätestens 22. Oktober soll dann eine Freiluftaustellung zum Thema auf dem Gelände fertig sein.“ Für sein „Museum des Kalten Krieges“ stellt Flierl in Aussicht: „Das kann auch schon vor 2011 fertig sein.“

Schon die Bauzäune sollen, so hofft Flierl, etwas Besonderes werden: großformatige Fotos und erklärenden Texte auf Kunststoffbespannung, die „die wechselvolle Geschichte des Checkpoint Charlie dokumentieren“. Die Geschichte auf beiden Seiten der Mauer. Für die Dokumentation will Flierl auf Ideen und Material des Deutschen Historischen Museums, des Zentrums für Zeitgeschichtliche Forschung in Potsdam, des Museums Karlshorst und des Alliiertenmuseums zurückgreifen.

Dass Flierl seine Pläne gerade jetzt öffentlich machte, hat einige seiner Senatskollegen überrascht. Senatssprecher Michael Donnermeyer sagte: „Wir wissen bisher nichts von den Plänen. Aber es ist doch schön, wenn der Kultursenator schon so konkrete Vorstellungen hat.“ Und auch Manuela Damianakis, Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), richtete aus: „Das Vorhaben des Kultursenators war uns bekannt. Von einem Zeitplan wussten wir allerdings bisher nichts.“

Die Planungen laufen seit Februar. Das geht aus einem Papier der Kultursenatsverwaltung vor. Das Konzept der Dokumentation ist nach übereinstimmender Ansicht des Senats und des Bezirks Mitte, billig, schnell und problemlos umzusetzen. Darüber, ob sich das Unternehmen Freiluftausstellung genauso reibungslos verwirklich lässt, gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten. Während Flierl als Finanzierung eine so genannte Public Private Partnership mit der Zwangsverwalterin der Grundstücke, der Bankaktiengesellschaft Hamm (BAG) als „quasi perfekt“ bezeichnet, reagiert man in den Reihen der Bank deutlich distanzierter. Die Bankaktiengesellschaft blieb ihrer Linie der vergangenen Wochen und Monate treu – und verriet zumindest offiziell nichts: „Wir wollen uns zu dieser Angelegenheit nicht äußern“, sagte Sprecherin Monika Braun- Boden gestern. Insider aber bestätigen, dass es „Gespräche zwischen dem Kultursenator und der Bank gegeben hat, auch über Finanzierungsangelegenheiten. Aber konkret ist da noch nichts.“ Stand der Dinge soll demnach sein: Der Senat würde das Gelände mieten, und versuchen, den Mietpreis über die Vermarktung von Werbeflächen wieder hereinzuholen. Allerdings sei man auf Seiten der Bank „irritiert, dass über die Verhandlungen gesprochen wurde“.

Flierl sagt nur: „Der Senat wird für das Areal letztlich keinen Cent zahlen müssen.“ Unklar schien, ob der Bezirk Mitte die Ausstellung genehmigen wird. Aber Bürgermeister Joachim Zeller (CDU) sagte gestern auf Anfrage, er sehe vorerst „keine Probleme“. Der Genehmigungsantrag liege ihm vor. Und Baustadträtin Dorothee Dubrau (Grüne) erklärte: „Was mir bisher bekannt ist, halte ich für genehmigungsfähig. Und für eine gute Sache.“

Bliebe noch Flierls Plan, bis 2011 ein „Museum des Kalten Krieges“ am Checkpoint Charlie zu errichten. Bisher sind 650 Quadratmeter vorgesehen. Manuela Damianakis von der Senatsbauverwaltung sprach von einer Option, die Fläche „auf rund 2000 Quadratmeter aufzustocken“. Wer als Investor in Frage kommt, sei aus ihrer Sicht bisher unklar. Während der Verhandlungen über die Mauerkreuze ließ Flierl wiederholt ausrichten, die Eigentumsverhältnisse am Checkpoint Charlie seien äußerst verworren. Gestern sagte er: „Ich sehe da keine Schwierigkeiten auf uns zukommen.“ Einen Investor nannte er nicht.

Abgesehen von der Finanzierung wird Flierl noch auf politischer Ebene mit Schwierigkeiten rechnen müssen. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte, ein Museum des Kalten Krieges sei „eine einseitige Verharmlosung“. Ähnlich äußerte sich gestern auch Michael Müller, Fraktionschef der SPD im Abgeordnetenhaus.

Marc Neller

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