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Neu-Berliner. Diese vier Jungen leben mit ihren Familien in den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Flüchtlinge in Berlin: Das Lageso - erste Adresse, auch für Amerikaner?

Am Lageso wollen vor allem Menschen aus den bekannten Krisenregionen einen Asylantrag stellen – aber nicht nur die. Über die Feiertage lief es in Moabit so glatt, wie seit langem nicht mehr.

Dass die Turmstraße in Moabit nicht nur in Syrien, im Irak, sondern inzwischen auch in Pakistan als erste Anlaufstelle für Asylbewerber bekannt ist, wundert die Mitarbeiter des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) nicht mehr. Als sich am Sonnabend aber eine junge US-Amerikanerin am Lageso-Infostand in der Turmstraße meldete, war das dann doch eine Überraschung. Die Frau, Mitte 20, bat tatsächlich um Asyl, sie fühle sich in ihrer Heimat verfolgt.

Zuvor hatte sie es bereits in Weißrussland versucht. Der autoritäre Staat östlich von Polen gilt zumindest als ruhig, die soziale Lage ist stabil. Die weißrussischen Grenzer aber sollen der Frau sinngemäß gesagt haben: „Gehen Sie mal lieber nach Berlin.“ Dort nehme man dieser Tage ja jeden. Ein Mitarbeiter der Senatssozialverwaltung hat der Frau am Lageso freundlicherweise Geld für Kaffee und ein Brötchen gegeben – sie wollte es dann in einem Hostel versuchen. Rechtlich ist die Lage ohnehin eindeutig: Die USA gelten als sicheres Herkunftsland, Asyl wäre ihr nicht gewährt worden.

Auch sonst herrschte am Lageso über Weihnachten so wenig Drama wie seit Monaten nicht. Zunächst sind da die blanken Zahlen: Heiligabend selbst kamen um die 450 Flüchtlinge in der Stadt an, über die beiden Feiertage zusammen dann noch mal 350. Noch vor wenigen Wochen kamen jeden einzelnen Tag 800 Männer, Frauen und Kinder neu in die Stadt.

Außerdem hatte das Lageso in dieser Woche vorerst auf den – rechtlich allerdings nötigen – Papierkram verzichtet. Die Flüchtlinge werden erst ab Montag wieder in der Lageso-Außenstelle in der Bundesallee registriert, ab 4. Januar arbeitet auch die Zentrale in Moabit wieder voll. Bis dahin werden die Flüchtlinge, die in der Turmstraße ankommen, vor Ort in einen Bus gesetzt, der sie in eine der neuen Notunterkünfte fährt. Am Sonnabendmittag etwa fuhr einer dieser Sonderbusse junge und alte Afghanen in die frühere Filiale der Modekette C&A in Neukölln. Dort in der Karl-Marx-Straße, in Sichtweit des Rathauses Neukölln, wohnen nun 160 Asylbewerber. Die Plätze sollen auf 200 aufgestockt werden. Betrieben wird die Unterkunft von den Maltesern.

In Berlin dürften allein in diesem Jahr bald 75 000 Asylbewerber angekommen sein. Inzwischen gibt es rund 100 Flüchtlingsunterkünfte. Dazu kommen Mietwohnungen, in denen ebenfalls Tausende Asylbewerber wohnen. Der Streit um die in der Flüchtlingskrise überforderten Behörden hatte die rot-schwarze Koalition im Senat massiv belastet. Vor allem Sozialsenator Mario Czaja (CDU) steht seit Monaten unter Druck.

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