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Flüchtlingsdorf. Im Hauptgebäude des ehemaligen Flughafens Tempelhof soll ein „Ankommenszentrum“ für Asylbewerber entstehen.

© Fabrizio Bensch/Reuters

Flüchtlinge in Berlin-Tempelhof: Senat erklärt "administrativen Notstand", um schnell zu bauen

Planung im Hauruckverfahren: Das neue Ankommenszentrum für Flüchtlinge in Tempelhof wird ohne Ausschreibung verwirklicht. Grund ist der Zeitdruck.

Im Hauruck-Verfahren und wegen eines „administrativen Notstands“ ohne öffentliche Ausschreibung will der Senat Planung und Baubegleitung eines neuen „Ankommenszentrums“ auf dem Flughafengelände Tempelhof an die Firma „Triad“ vergeben. Es war das einzige Angebot. Sieben Firmen soll die Verwaltung um Offerten gebeten haben. Dies geht aus einer Bekanntmachung hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Der Auftrag sieht den Bau eines Dienstleistungszentrums im geplanten Flüchtlingsdorf Tempelhof vor, mit Räumen für eine Vielzahl von Angeboten von der Registrierung der Neuberliner bis zur Vergabe von BVG-Marken.

Das Rennen ist entschieden, an vergangenen Sonnabend lief die Einspruchsfrist ab, der Auftrag kann sofort erteilt werden. Veröffentlichung und Fristsetzung dienten dem Senat vor allem zur rechtlichen Absicherung gegen die mit dem Notstand begründete Eilvergabe: Konkurrenten blieb nach der „freiwilligen Transparenzbekanntmachung“ zehn Tage Zeit, um Bedenken und Einsprüche gegen die Notstandsvergabe einzulegen. Um wie viel Geld es bei dem Auftrag geht, legt der Senat nicht offen.

Der Chef der Tempelhof-Projekt GmbH, die die Vergabe im Auftrag des Landesamts für Gesundheit und Soziales sowie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge begleitete, bestätigte den Sachverhalt auf Anfrage. Holger Lippmann zufolge soll das Ankommenszentrum bereits im Mai öffnen. Der „ambitionierte Zeitplan“ und die Komplexität der Aufgabe seien vermutlich der Grund dafür, dass nur ein Angebot einging. Die Firma Triad habe bereits ähnliche Projekte in sehr kurzen Zeiträumen im In- und Ausland realisiert.

In der Haupthalle sowie den dahinter liegenden Transitbereichen sollen Büroräume mit Hilfe eines Systems von Ständern geschaffen werden. Die Zusammenführung aller Ämter unter einem Dach nennt Lippmann ein „Modellprojekt“, durch das Tempelhof zu einer zentralen Anlaufstelle für Flüchtlinge aus ganz Berlin werde. Zu den Kosten des Auftrags wollte er sich nicht äußern, zumal vorerst nur Planung und Baubegleitung vergeben seien, nicht aber die eigentlichen Bauarbeiten.

Die Firma Triad hat schon viele große Messe-Pavillons gebaut

Die Berliner Firma Triad ist kein Bauträger oder Architekturbüro, sondern eher auf die Durchführung von Veranstaltungen und das Design von Messe-Bauten spezialisiert. Sie hat auf der Hannover Messe den Stand der Firma Siemens gebaut und auf der Expo 2010 in Shanghai den Pavillon „Urban Planet“ mit 12 000 Quadratmetern, verantwortete aber auch den Bau des Ende vergangenen Jahres eröffneten „Deutschen Fußballmuseums“ in Dortmund. Viele Projekte hat die Firma also für eine temporäre Nutzung errichtet. Nur zeitlich begrenzt soll auch das „Ankommenszentrum“ auf dem Tempelhof-Areal entstehen: „Die komplette Einrichtung ist nach der Zwischennutzung als Ankommenszentrum rückstandslos zurückzubauen“, heißt es in der Bekanntmachung.

Ein ambitioniertes Vorhaben, zumal so ziemlich alle Verwaltungen, mit denen ein Flüchtling nach seiner Ankunft in Berlin in Berührung kommt, am früheren Flughafen Platz finden sollen: Ärzte sollen die „gesundheitliche Prüfung“ vornehmen, die polizeiliche Erkennung soll in dem Provisorium stattfinden, die Registrierung und Bearbeitung des Asylantrages sowie die Erstversorgung mit Lebensmitteln und Kleidung. Mitarbeiter, die provisorische Unterkünfte zuweisen, werden hier arbeiten ebenso wie Angestellte der Jobcenter. Außerdem wird es Kassen zur Auszahlung von Hilfsgeldern geben sowie einen „BVG-Bereich“.  

Senat leistet einen Offenbarungseid

Es dürfte nicht das letzte Mal sein, dass sich der Senat auf eine Art Notstandsparagrafen beruft, um auf die Schnelle Aufträge vergeben zu können und alle üblichen Vorschriften zur Sicherung der Waffengleichheit im Kampf um öffentliche Aufträge außer Kraft zu setzen. Akribisch begründet der Senat deshalb die Notwendigkeit dieses „Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Auftragsbekanntmachung“: Der Senat habe als „Auftraggeber nicht voraussehen können, dass er kurzfristig wesentlich mehr Flüchtlinge aufnehmen und unterbringen muss als zu erwarten war“, heißt es.

Und während er in der Öffentlichkeit noch beharrlich versichert, die Registrierung der Flüchtlinge laufe immer besser, leistet er in der Bekanntmachung den Offenbarungseid: „Gegenwärtig besteht ein administrativer Notstand, weil Flüchtlinge nicht ordnungsgemäß registriert werden können.“

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