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Unterkunft ohne Komfort: Die Flüchtlinge in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule klagen über menschenunwürdige Zustände.

© dpa

Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin: Nur eine Dusche für 220 Flüchtlinge

Die Flüchtlinge in der Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg erheben Vorwürfe gegen Senat und Bezirk, die Zustände seien menschenunwürdig. Und auch von Polizei und Feuerwehr fühlen sie sich schikaniert.

Von Fatina Keilani

„John F. Kennedy war drei Tage in Berlin und durfte sich Berliner nennen. Wir sind zwei Jahre hier und dürfen es nicht!“ Für diese Worte erntete Flüchtlingsaktivistin Mimi, die sich nur unter diesem Namen vorstellt, am Mittwoch in der Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg bitteres Lachen und Beifall. Aus Frust über die Zustände an der Schule hatte die Flüchtlingsberatungsstelle KuB in den Flachbau auf dem Gelände eingeladen. Jede der dort lebenden Gruppen konnte reden – elf Gruppenvertreter ließen ihren Frust ab, baten um Hilfe.

Dabei zeigte sich: Frustriert sind alle, aber so unterschiedlich Herkunft und Status, so unterschiedlich sind die Ziele der Bewohner. Den Anfang machte ein junger Somalier. „Wir sind jetzt anderthalb Jahre hier“, sagt er. „Die ganze Zeit sind wir in Verhandlungen mit dem Bezirk. Und es passiert – gar nichts!“ Nicht einmal die grundlegenden Bedürfnisse würden erfüllt, es sei keine menschenwürdige Unterbringung vorhanden. Was er nicht erwähnte: Die Flüchtlinge haben die ehemalige Schule, die nicht von offizieller Seite als Unterbringung für sie vorgesehen ist, besetzt.

Der Flüchtling erhob auch einen weiteren schweren Vorwurf. Er sagte, ein Notarztwagen sei in Berlin durchschnittlich in sieben Minuten zur Stelle, brauche aber mehr als 30 Minuten, wenn er zu den Flüchtlingen gerufen werde. Der Somalier behauptete, als es kürzlich zu einer Messerattacke gekommen sei, sei der Krankenwagen auf dem Weg in die Klinik von der Polizei gestoppt worden. Der Marokkaner war noch vor Ort reanimiert worden, verblutete dann aber im Krankenwagen (wir berichteten).

Tödlicher Streit um die Dusche

Zwei Mediziner kritisierten die hygienischen Bedingungen an der Schule als menschenverachtend, was ausdrücklich nicht an den Bewohnern liege. „Uns drängt sich der Verdacht auf, dass die Politik bewusst versucht, die Lebensumstände in der Schule schwierig und belastend zu halten, um eine Eskalation zu befördern, die eine Räumung politisch rechtfertigt“, sagte einer von ihnen – ein schwerer Vorwurf, den Bezirkssprecher Sascha Langenbach sofort als absurd zurückwies. Tatsächlich gibt es auf dem Gelände nur eine funktionierende Dusche – und 16 weitere in der Turnhalle. Die Flüchtlinge wünschen sich sehr, dort duschen zu dürfen. Auch die Messerstecherei, bei der der Marokkaner starb, war im Streit um die Dusche entstanden.

„Die Turnhalle ist an einen Verein vermietet und ständig in Betrieb“, sagte Langenbach. Das tröstet die Bewohner nicht. „Deutschland fordert überall in der Welt die Einhaltung der Menschenrechte, aber im eigenen Land gelten sie nichts“, beklagte ein Mann aus Ruanda. Die Flüchtlinge forderten, zusammenbleiben zu können und als Gruppe über den Paragraphen 23 des Aufenthaltsgesetzes ein Aufenthaltsrecht zu bekommen.

Derzeit läuft die Erfassung der Bewohner. Alle sollen Hausausweise bekommen, gut 100 der 220 Schulbewohner haben schon welche. Das erledigt der Bezirk. Die Registrierung der Schulbewohner, die unter die Oranienplatz-Vereinbarung von Senatorin Dilek Kolat (SPD) fallen, wird laut Senat vorbereitet. Genaueres will man nicht sagen.

Einige Flüchtlinge wollen aus der Schule ein politisches und soziales Zentrum für Geflüchtete machen. Weil sie erkannt haben, dass die grundsätzlichen Entscheidungen nicht in Berlin fallen, wollen sie noch diesen Monat zu Fuß aufbrechen – nach Brüssel.

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