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Hartmut Wittig

© Björn Kietzmann

Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf: Pfarrer-Initiative soll Lage beruhigen

Ein gesellschaftlicher Prozess sei im Gange und die Kirche hätte merken müssen, was gerade passiert. Pfarrer Hartmut Wittig hat in Berlin-Hellersdorf ein Netzwerk gegründet, um die Lage rund um das Flüchtlingsheim dort zu beruhigen.

Das ist sein Traum: dass die Hellersdorfer da sind, wo die rechten und die linken Gewaltbereiten aufeinandertreffen, und wenn deren Kampf losgeht, drehen sich alle Hellersdorfer gleichzeitig weg. Um zu zeigen: Nein, das wollen wir nicht. Gewalt macht es sich einfach. Und einfach ist in Hellersdorf gerade nichts.

Das hat Pfarrer Hartmut Wittig noch erzählt, bevor sein Gottesdienst im kleinen Gemeindehaus der evangelischen Kirche von Hellersdorf beginnt, nur zwei Straßen entfernt von der ehemaligen Schule, die jetzt Asylbewerber beherbergt. Das führte zu Protesten von Rechten und Gegenprotesten von Linken, was wiederum die Anwohner, die darum nicht gebeten haben, zu einer Position zwingt. Und nun spinnt er in seiner Predigt diesen Faden weiter.

Ein kirchliches Netzwerk will die Lage um das Flüchtlingsheim in Hellersdorf beruhigen

Sie dreht sich um eine Geschichte aus dem Alten Testament – um Jakob und die Himmelsleiter. Jakob, der vor seinem Bruder fliehen musste, sich in der Fremde auf der nackten Erde schlafen legte und von einer Leiter träumte, die zum Himmel führe, auf der die Engel hoch- und runterkletterten. Er habe das als Kind malen müssen, sagt Wittig, und sich damals gefragt, warum die Engel klettern und nicht fliegen. Sie haben doch Flügel!

Aber die Engel sind unterwegs wie Jakob, Schritt für Schritt. Das sei mühselig und anstrengend, aber nur so seien große Erfahrungen zu begreifen. Nicht als Ganzes. Und in diesem schrittweisen Unterwegssein wandelten sich auch die Dinge. Veränderten sich, auch wenn mancher wünschte, alles bleibe, wie es ist. „Wir erleben das gerade ganz heftig“, sagt der Pfarrer. Alles ändert sich, nichts ist einfach. Das sind seine eher angedeuteten Bezüge zum Krawall draußen, der vielleicht schon abklingt.

„Die Bürgergesellschaft hat ihren ersten Schock überwunden“, hat der Pfarrer auch noch gesagt, bevor die Kirchenglocke bimmelte. Wittig, seit 1985 Pfarrer in Hellersdorf, hat ein Netzwerk gegründet, um die Lage rund um das Asylbewerberheim zu beruhigen. Auch sie als Kirche hätten erst merken müssen, was gerade geschieht, sagt er. Dass da ein gesellschaftlicher Prozess im Gange sei, den sie mitgestalten können.

Die Asylbewerber in Hellersdorf trauen sich inzwischen vor die Tür

Die Hellersdorfer, die nicht zur Kirche kamen, führten am Heim vorbei ihre Hunde spazieren. Sie nickten den Asylbewerbern zu. Die trauen sich inzwischen vor die Tür. Schritt für Schritt. Dann jaulte im Heim eine Bohrmaschine. Ob man hier denn nie mehr seine Ruhe habe, schimpfte ein Mann von gegenüber.

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