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Flughafen BER: Brandenburgs CDU rückt von Schönefeld ab

Parteichefin Saskia Ludwig drängt auf Kursänderung. Sie reagiert auf die massiven Proteste – nachdem die CDU zehn Jahre lang fest hinter dem Flughafenprojekt stand. Ludwig nennt die Standortwahl eine Fehlentscheidung.

Brandenburgs Christdemokraten rücken wenige Monate vor der Eröffnung vom neuen Schönefelder Flughafen ab. Nachdem die CDU im Bund, in Berlin und in der früheren Potsdamer Großen Koalition das Projekt jahrelang gegen Widerstände vorangetrieben hat, geht jetzt CDU-Fraktions- und Parteichefin Saskia Ludwig unter dem Eindruck massiver Bevölkerungsproteste in Anrainerkommunen auf Distanz. Langfristig ist für Ludwig nicht einmal die Standortfrage tabu.

Am Dienstag erklärte die CDU-Oppositionsführerin vor Journalisten in Potsdam, dass eine Inbetriebnahme Schönefelds zwar nicht zu verhindern sei, es aber schon beim weiteren Ausbau des Airports, etwa einer dritten Start- und Landebahn, „keine Denkverbote“ gebe: Dann stelle sich auch wieder die Standortfrage, sagte Ludwig. Kurzfristig forderte sie ein „professionelles Mediationsverfahren“ – offenbar in Anlehnung an Stuttgart 21 und Heiner Geißlers Vermittlungsbemühungen – sowie einen bereits vor Eröffnung strikt umgesetzten Lärmschutz. Ludwig schloss nicht aus, dass ihre Fraktion im Landtag dem Antrag der Grünen für ein umfassendes Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr zustimmen könnte, der sich zurzeit im parlamentarischen Verfahren befindet. „Wir sind dazu in Gesprächen. Es ist alles möglich.“

Am Vortag hatte die brandenburgische Union auf einer Anhörung in Rangsdorf Vertreter aller Bürgerinitiativen gegen den Airport gehört, die ihrer Wut und Enttäuschung über drohende Belastungen Luft gemacht hatten. Vor rund 400 Betroffenen hatte Ludwig dort das Abstimmungsverhalten der CDU zum Nachtflugverbot noch offengelassen. Sie sagte: „Es ist für eine Partei nicht einfach, Kursänderungen vorzunehmen.“ Angesichts der massiven Proteste sieht sich Ludwig in der Notwendigkeit allerdings bestärkt. Es gibt jedoch innerhalb der CDU Unmut und Widerstände – im Wirtschaftsflügel und bis in die engere Parteispitze hinein. Für Ludwig steht inzwischen außer Zweifel, dass die Wahl von Schönefeld eine krasse Fehlentscheidung war: „Ich halte sie für nicht nachvollziehbar.“ 

Der berlinnahe Standort des Gemeinschaftsprojektes des Bundes sowie der Länder Berlin und Brandenburg war vom damaligen CDU-Verkehrsminister Matthias Wissmann und Berlins CDU-Regierungschef Eberhard Diepgen gegen den Widerstand von Brandenburgs Regierungschef Manfred Stolpe (SPD) durchgesetzt worden. Brandenburg hatte damals das südlicher gelegene Sperenberg favorisiert. Für Ludwig trägt Stolpe die Hauptverantwortung für Schönefeld. „Letztendlich entscheidet der Landesvater, was auf seinem Grund und Boden passiert. Es ist Brandenburger Heimat. Wenn er Nein gesagt hätte, wäre Schönefeld nicht gekommen“.

Sollte die CDU sich tatsächlich gegen Schönefeld positionieren, wäre das die Abkehr von der eigenen Partei- und Regierungspolitik von 1999 bis 2009 unter den damaligen Ministern und Vize-Regierungschefs Jörg Schönbohm, Johanna Wanka und Ulrich Junghanns. Es wäre die zweite strategische Kurskorrektur, die Ludwig in der Brandenburger Union durchsetzt. Die erste betraf die Energiepolitik, wo Brandenburgs Union neuerdings den Bau weiterer Windkraftanlagen im Land ablehnt – ungeachtet des von Ludwig ebenfalls kritisierten Atomausstiegs von Schwarz-Gelb im Bund.

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