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Kommen und Gehen. Bei der Ankunft beim Flughafen-Sonderausschuss wirkte Hartmut Mehdorn noch gutgelaunt.

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Update

BER Flughafen: BER-Aufsichtsrat nennt Zahlen: Anfang 2015 geht das Geld aus

Brandenburgs Landtag hörte am Montagabend die BER-Aufsichtratsmitglieder. Die Zahlen sind bitter: Für 2015 reicht das Geld gerade noch 2,5 Monate. Hartmut Mehdorn produzierte zuvor einen Eklat.

Was der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft nicht schafft, versucht nun Brandenburgs Landtag: Öffentlich machen, was im Kontrollgremium besprochen wurde. Während der Aufsichtsrat es am Freitag bewusst vermieden hatte, sich wie gewohnt vor der Presse zu äußern, mussten Montagnacht ab 22.30 Uhr Brandenburgs Aufsichtsratsmitglieder vor dem BER-Sonderausschuss Auskunft geben. Demnach reichen die Finanzreserven der Flughafengesellschaft für den BER in diesem Jahr zwar aus, doch 2015 reicht das vorhandene Geld nur noch etwa zweieinhalb Monate aus.

Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, der auch Vize-Chef des Aufsichtsrats ist, sagte, der Wirtschaftsplan für 2014 habe ein Volumen von 753 Millionen Euro. Der Aufsichtsrat habe der Geschäftsführung das Budget sogar um drei Millionen Euro gekürzt. Laut Finanzminister Christian Görke (Linke) bleibt aus dem BER-Budget von 4,2 Milliarden Euro für das Jahr 2015 noch ein Rest von 150 Millionen Euro. Dann ist auch der Ende 2012 bewilligte Zuschuss von 1,2 Milliarden Euro der drei Eigentümer – Berlin, Brandenburg und Bund – aufgebraucht.

Bretschneider und Görke erklärten erneut, dass der von Mehdorn geforderte Zuschuss von 1,1 Milliarden Euro nicht valide begründet sei. Mit dem Geld will Mehdorn Mehrkosten für die Fertigstellung des BER, etwa durch den nötigen Umbau der Brandschutzanlage, und für den Schallschutz finanzieren. Wegen der Bedenken werden sich nun Projekt- und Finanzausschuss des Aufsichtsrat damit befassen, dort muss die Flughafengesellschaft ihren Kostenplan detailliert begründen. „Ich habe eine klassische Vorstellung von einem klassischen Kostenplan“, sagte Bretschneider. „Hier sehe ich keinen. Herr Mehdorn hat seine eigene Terminologie. Mein Kostenplan ist es nicht.“

Görke erneuerte seine Forderung, dass die Flughafengesellschaft zunächst andere Finanzierungsquellen wie Bankenkredite anzapfen muss, bevor erneut Steuergeld in das Projekt fließt. „Wenn kein Gesamtfinanzierungskonzept vorliegt, dann sind die Banken reserviert“, sagt er. Die Flughafengesellschaft müsse daher erst einmal einen eigenen Beitrag leisten. Daher seien Fragen nach neuen Zuschüssen der Gesellschafter „ungelegte Eier“. Dies sei erst ein Thema, wenn klar sei, ob die Flughafengesellschaft neue Kredite bekommen könnte. „Dann ist kein Gang nach Brüssel nötig“, sagte Görke. Ein Behilfeverfahren für die neuen Subventionen und die Zustimmung der Wettbewerbshüter der EU-Kommission wären dann nicht nötig.

Allerdings macht Brandenburgs Aufsichtsräte Druck bei Mehdorn. Der hatte angekündigt, einen Kosten- und Terminplan Ende es Jahres vorzulegen. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) sagte, er dränge darauf, das „Kostenklarheit und ein Termiplan“ noch vor der Landtagswahl stehen – also bis Mitte September.

Hartmut Mehdorn sieht gefeuerten Mitarbeiter - und geht wieder

Der Hauptstadtflughafen wird also nicht fertig, zusätzliches Geld von Steuerzahlern und der öffentlichen Hand wird benötigt – und dennoch behindern sich Flughafengesellschaft und Politik gegenseitig. Flughafenchef Hartmut Mehdorn hatte am Montagnachmittag im BER-Sonderausschuss des Brandenburger Landtags einen Eklat ausgelöst. Noch vor Beginn der Ausschusssitzung verließen er und BER-Finanzchefin Heike Fölster den Landtag wieder.

Der Flughafenchef war nach seinem Autounfall Freitagnacht im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft in Schönefeld wieder wohlauf und gut gelaunt. Diesmal saß er nicht selbst hinterm Steuer, sondern ließ sich nach Potsdam chauffieren. Doch im Sitzungssaal des Landtags entdeckte Mehdorn dann Harald Siegle. Der war bis vor Kurzem Chef des Immobilien-Managements am BER und wurde von Mehdorn wegen eines Brandbriefes entlassen. In diesem hatte Siegle den Aufsichtsrat gewarnt, eine Inbetriebnahme des Flughafens 2015 sei „äußerst unwahrscheinlich“ und eine Inbetriebnahme 2016 „akut gefährdet“. Am Montag sollte die Personalie diskutiert werden.

Siegle, der als Gast die Ausschusssitzung beobachten wollte, begründete gegenüber dem Tagesspiegel den Brief damit, dass ein Maß im Umgang mit ihm erreicht worden sei, das er nicht hinnehmen wollte. Dies sei kein Bedenkenträgertum. „Ich habe Verantwortung für meine Mitarbeiter und für den Bau. Deshalb bin ich in die Bütt gestiegen“, sagte er. Der Flughafen habe eine auch für Bauleute trügerische Oberfläche, die Probleme lägen unter den Decken, an den Kabeltrassen und in der IT-Steuerung der Brandschutzanlage. Die Organisationsstruktur sei ungeeignet, um die Probleme zu bewältigen oder um belastbare Aussagen zu Termin und Kosten zu treffen.

Flughafen-Chef erntet nur Kopfschütteln

Zwar konnte der Ausschuss nicht mehr mit Mehdorn über Siegles Rausschmiss sprechen, damit wird sich jetzt ein Arbeitsgericht befassen. Allerdings ließ Mehdorn einen Brief an den Aufsichtsrat da. Demnach seien Siegles Vorwürfe, es gebe keine Fortschritte auf der Baustelle, falsch. Die von Siegle angeführten Probleme würden längst bearbeitet. Zudem wirft Mehdorn Siegle Halbwissen vor, mit dem er „der Flughafengesellschaft und den Gesellschaftern massiv geschadet“ habe. Siegle gehe es nur um seinen Posten, er habe den nötigen Modernisierungsbedarf nicht wahrhaben wollen.

Mit seinem Abgang hat Mehdorn das Landesparlament düpiert, nicht das erste Mal. Gegenüber dem Geschäftsführer hat der Landtag kein Weisungsrecht, er kann sein Erscheinen nicht erzwingen. Dennoch wurde die Sitzung des BER-Sonderausschusses bis 22.30 Uhr unterbrochen – weil die Opposition sich missachtet fühlte. Sie zitierte zwei Aufsichtsräte Brandenburgs in den Ausschuss: Wirtschaftsminister Ralf Christoffers und Finanzminister Christian Görke (beide Linke) waren verhindert. Sie sollten Auskunft über Mehdorns Forderungen nach neuen Zuschüssen von 1,1 Milliarden geben. Dabei hält selbst der Aufsichtsrat Mehdorns Zahlen nicht für valide.

Die geladenen Gäste hatten dafür nur Kopfschütteln übrig. Erstmals sollten Vertreter von Siemens und der Flughafengesellschaft öffentlich – und nicht wie am Freitag im Aufsichtsrat hinter verschlossenen Türen – erklären, wie groß die Probleme mit der Brandschutzanlage sind und welche Folgen das für eine Eröffnung des BER hat. Damit wäre klar geworden, wie weit die Positionen von Siemens und der Flughafengesellschaft auseinanderliegen. Schon im Aufsichtsrat musste sich Mehdorn vorführen lassen, als das Gremium auf direkte Auskunft von Siemens pochte. Es läuft es nicht gut für ihn, mehrere Ideen, wie der Testbetrieb am Nordpier, wurden abgeschmettert.

Doch keine Weiternutzung von Schönefeld-Alt?

Nun stellt sich die Frage: Kein SXF für BER? Der Flughafen-Chef muss mit seinen Plänen, den alten Schönefelder Flughafen nach der Eröffnung des Hauptstadtflughafens weiterzubetreiben, nachsitzen. Er ist mit seiner Idee am vergangenen Freitag im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft abgeblitzt. Dabei hatten alle Eigentümer – Berlin, Brandenburg und der Bund – die Überlegung, dauerhaft den alten DDR-Zentralflughafen als Abfertigungshalle des BER weiterzunutzen, zunächst als „charmant“ und praktikabel eingestuft. „Ja, ganz klar!“, sagte Staatssekretär Rainer Bomba (CDU) aus dem Bundesverkehrsministerium noch vor einem Monat. Doch wie mehrere Aufsichtsratsmitglieder dem Tagesspiegel sagten, besteht der Bund darauf, dass die Flughafengesellschaft die Verträge erfüllt. Soll heißen: Der Bund rückt von seinen Plänen für ein Regierungsterminal nicht ab und wird diese vorerst auch nicht ändern. Damit steht die Umsetzbarkeit von Mehdorns Idee grundsätzlich infrage. Er soll jetzt Kompromisslösungen ausarbeiten. Es sei deutlich geworden, dass eine Weiternutzung des alten DDR-Zentralflughafens "eine Reihe von Nutzungskonflikten" mit dem Regierungsterminal der Bundesregierung mit sich bringe, sagte Brandenburgs Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider. Der solle erst nach der BER-Eröffnung gebaut werden. "Die Vertreter des Bundes haben deutlich gemacht, dass sie im Moment eine solche Sichtweise ohne eine weitere komplette Nutzung nicht sehen", sagte Bretschneider. Von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) hieß es: Der Umzug der Flugbereitschaft nach Schönefeld-Alt hänge vom Terminplan für die Eröffnung des BER ab und setze entsprechende Infrastruktur für Passagierabfertigung und Flugbetrieb voraus. „Mit diesen Baumaßnahmen kann erst nach Verlagerung des dortigen zivilen Flugbetriebs begonnen werden“, teilte ein Sprecher mit.

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