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Bereits im Juni 2012 hatten die Abgeordneten viele Fragen an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit.

© dpa

Flughafen BER: Wowereit kannte frühe Zweifel am Eröffnungstermin

Ahnte Klaus Wowereit kurz vor der geplatzten Eröffnung wirklich nichts von den Problemen am BER? Die Aussagen des früheren Geschäftsführers Rainer Schwarz vor Gericht lesen sich anders.

Ein zweieinhalb Jahre alter Satz von Klaus Wowereit zur geplatzten Flughafeneröffnung bekommt durch neue Äußerungen einen aktuellen Ton: „Es klingt ein bisschen merkwürdig, dass wir noch bis Mai geglaubt haben, dass der 3. Juni zu halten ist“, hatte der Regierende Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende am 18. Mai 2012 im Verkehrsausschuss gesagt. Je mehr über die Zeit vor der kurzfristigen Absage der für den 3. Juni 2012 geplanten Eröffnung bekannt wird, desto merkwürdiger klingt das tatsächlich.

Vom ersten Schock erholt, hatte Wowereit nämlich bereits einen Monat später in einem Interview der „Berliner Zeitung“ gesagt: „Bei allen Problemen, die wir kannten, hatten wir doch keinen Anhaltspunkt, dass dadurch der Termin nicht zu halten sein würde.“ Keinen Anhaltspunkt? Das Protokoll der Verhandlung vor dem Landgericht über die Klage des früheren Flughafen-Geschäftsführers Rainer Schwarz gegen seine Kündigung im September dieses Jahres sowie eine noch nicht veröffentlichte Antwort Wowereits auf eine Anfrage des BER- Untersuchungsausschussvorsitzenden Martin Delius von den Piraten ergeben ein anderes Bild: Sie haben es nicht nur geahnt, nein, sie haben gewusst, dass der Termin Juni 2012 in höchster Gefahr ist – und das seit spätestens Mitte März.

Der Regierende war nicht zu erreichen

Sie, das sind Schwarz und Wowereit, Geschäftsführer und Aufsichtsratsvorsitzender. Als Schwarz am 14. oder 15. März eine verheerende Eröffnungsprognose des Beratungsunternehmens McKinsey auf dem Tisch hat, versucht er, ein Gespräch mit Wowereit zu bekommen. Da Schwarz den Regierenden nicht direkt erreicht, machen die Vorzimmer trotz der Dringlichkeit einen Termin erst für den 30. März aus, nach einer ohnehin anberaumten Sitzung zur BER-Imagekampagne. Das Seltsame ist: Sie sprechen zwar über den dramatischen Brandbrief von McKinsey, in dem „große Zweifel“ am Termin belegt werden, aber Wowereit erhält ihn erst nach der Verschiebung der Eröffnung. „Eine unmittelbare Kontaktaufnahme des Regierenden Bürgermeisters oder der Senatskanzlei mit dem Unternehmen McKinsey war danach entbehrlich“, schreibt Wowereit lapidar.

"Defizite in der Kommunikation zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat"

Aber warum hat er nicht sofort den Kontakt mit den Beratern gesucht? Wowereit antwortet Delius, es seien ihm „Maßnahmen“ vorgestellt worden, die eine Eröffnung möglich machen sollten. Schwarz sagte dazu vor Gericht, nachdem Übergangslösungen gefunden waren, unter anderem ein provisorisches „Zeltterminal“ für einen möglichen Systemausfall und eine „Mensch-Maschine“-Kombination für die Türsteuerungen, habe McKinsey in einem zweiten Brief Zustimmung signalisiert. Tatsächlich waren aber auch im zweiten Brief bestimmte Fortschritte gefordert. Schwarz gab dazu vor Gericht zu Protokoll, ihm sei nicht bekannt gewesen, ob die genannten Bauabschnitte „vielleicht schon fertig waren“. Wowereit wiederum hat auch den zweiten Brief nicht erhalten und dies auch nicht eingefordert. Derart ahnungslos beschlossen Schwarz und Wowereit dann am 16. April, dass es schon irgendwie funktionieren werde. Von zu viel Wissen wollten sie sich in ihrem Glauben nicht irritieren lassen. Aber alarmiert mussten nun beide sein, die Zahl der bekannten und besprochenen Anhaltspunkte für eine mögliche Verschiebung ergaben ein schlimmes Bild.

Für den BER-Ausschussvorsitzenden Delius zeigen die Aussagen und Widersprüche „die strukturellen Defizite in der Kommunikation und Dokumentation zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat. Das System der geteilten Verantwortung ist hier offensichtlich zum Prinzip ohne Verantwortung geworden.“

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