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Alles fertig? Leider nicht ganz...

© Patrick Pleul/dpa

Flughafen Berlin-Brandenburg: Milliardenhilfen für den BER in Gefahr?

Bürger legen Beschwerde in Brüssel gegen mögliche Milliardenhilfe ein. Es geht um 2,6 Milliarden Euro. Diese seien nicht mit EU-Recht vereinbar, heißt es. Und die Bauarbeiten liegen weiter hinter dem Plan.

Das vorläufige Insolvenzverfahren für Imtech Deutschland, eine der wichtigsten Baufirmen am neuen Hauptstadtflughafen, mit noch unkalkulierbaren Folgen für das Projekt war noch nicht einmal bekannt: Da verschickte Flughafenchef Karsten Mühlenfeld am Morgen seinen monatlichen „Politikbrief“ in die „sommerliche Leichtigkeit“, indem er mitteilte, dass die Fertigstellung des BER – leicht, aber deutlich – im Rückstand sei. Von den Rest- und Sanierungsarbeiten wurden demnach bis Ende Juli dieses Jahres erst 45 Prozent geschafft (Juni 2015: 36 Prozent). Doch es sollen jetzt 50 Prozent sein. Dennoch stehe der Plan, den BER im zweiten Halbjahr 2017 zu eröffnen, erklärte Mühlenfeld noch.

Wenige Stunden später kam die Nachricht zu Imtech. Und auch an bei den Finanzen drohen neue Risiken. Wie der Tagesspiegel exklusiv erfuhr, wurde bei der EU-Kommission eine Beschwerde gegen die von Berlin, Brandenburg und dem Bund geplanten weiteren Zuschüsse von bis zu 2,6 Milliarden Euro für den BER eingelegt. Brüssel müsste die Hilfe genehmigen.

Auftraggeber des Einspruchs sind Fluglärmgegner: der Bürgerverein Friedrichshagen (FBI) und der Bürgerverein Berlin-Brandenburg (BVBB). Die Beschwerde wird von weiteren Bürgerinitiativen gegen den BER in Berlin und Brandenburg unterstützt. Die bereits „exorbitante und offenbar grenzenlose“ Förderung des neuen Hauptstadtflughafens durch staatliche Gelder „führe zweifellos zu einer Wettbewerbsverzerrung“ zwischen den europäischen Großflughäfen, heißt es in dem 19-Seiten-Schreiben der BER-erfahrenen Kanzlei Baumann (Würzburg/Leipzig) vom 5. August an die Generaldirektion Wettbewerb, das dem Tagesspiegel vorliegt. Es sei kein „weiterer Flughafen in Europa bekannt, dem in diesem Umfang staatliche Beihilfen gewährt würden“, so der Vorwurf. Dieser Tatbestand aber sei mit EU-Recht unvereinbar. Und: Man werde diese Beschwerde auch an andere europäische Flughäfen senden.

Die Flughafengesellschaft reagierte zwar gelassen. Dies sei „erwartbar“ gewesen, sagte Sprecher Ralf Kunkel. „Unser Vorgehen ist gut begründet.“ Das Bundesverkehrsministerium, das federführend zuständig ist, wollte sich zum laufenden Verfahren nicht äußern. Dennoch weiß niemand, wie die EU mit dem Antrag umgeht, ob sie etwa eine Teilprivatisierung des künftigen Airports zur Auflage macht. Und vor dem grünen Licht aus Brüssel dürfen weder die 1,1 Milliarden Euro, die zum Fertigbau des BER bis zur Eröffnung 2017 benötigt werden, noch die für erste Erweiterungen kalkulierte weitere Milliarde fließen. Nach Tagesspiegel-Informationen braucht der Flughafen aber bis Ende 2015 frisches Geld, sonst könnte es eng werden mit den Finanzen und Terminen.

Auf Nachforderungen aus Brüssel setzen auch die Flughafengegner. Sie fordern die EU auf, weitere Informationen zur Wirtschaftlichkeit des BER einzufordern, die grundsätzlich angezweifelt wird. So habe die EU schon 2009 staatliche Beihilfen von 27 Prozent der damals kalkulierten Kosten genehmigt – und nach der abgesagten Eröffnung 2012 eine weitere Kapitalspritze von 1,2 Milliarden Euro. Für die fehle bislang „ein Nachweis über die Verwendung“. So seien die Ansätze für Schadenersatz (250 Millionen Euro) und Schallschutz (750 Millionen Euro) zu hoch gewesen. „Würde die beantragte weitere Finanzspritze von 2,6 Milliarden Euro bewilligt, läge eine Beihilfeintensität von weit über 60 Prozent vor“, heißt es. Wenn ein einziger Flughafen „in einer derartigen Größenordnung durch die öffentliche Hand finanziert wird, liegt die Wettbewerbsverzerrung auf der Hand.“ Auch die Begründung mit den nötigen Erweiterungen sei nicht stichhaltig. So sei das Problem, dass der BER zur Eröffnung zu klein sei, schon bei der Notifizierung im Jahr 2012 bekannt gewesen.

Im jetzigen Verfahren muss Deutschland nachweisen, dass ein privater Investor in der Situation genauso viel Geld zuschießen würde und dass dies wirtschaftlicher als ein Stopp des BER wäre. Das Worst-Case-Szenario eines Milliardengrabes wurde für die EU detailliert untersucht – und verworfen. Die Beschwerde argumentiert dagegen, dass das Szenario einer Bauruine günstiger wäre – und mit den 2,6 Milliarden Euro „ein privat finanzierter Flughafen an anderem Standort“ errichtet werden könnte.

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