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Flughafen: Servicewüste für Spätlander

Die meisten Geschäfte in Tegel schließen um 21 Uhr- Pech für Passagiere, die noch schnell etwas einkaufen möchten. Jetzt melden sich kritische Stimmen.

Der Flughafen Tegel gilt als Aushängeschild Berlins. Rund zwei Drittel aller Passagiere werden hier abgefertigt. Doch wer hier abends in der Hauptstadt eintrifft, landet in einer Servicewüste. „Der Flughafen entspricht nicht mehr dem internationalen Standard“, kritisiert HannsPeter Nerger, Geschäftsführer der Berlin- Tourismus-Marketing GmbH.

Es ist 22 Uhr: Die Passagiere des KLM-Fluges aus Amsterdam haben nach wenigen Schritten das Gefühl, auf einem Geisterflughafen gelandet zu sein. Schalter, Läden, Restaurants sind verwaist, nur bei Burger King werden noch die letzten Kunden bedient. Der Boulevard Tegel in der Haupthalle bietet ein fast gespenstisches Bild: Herabgelassene Jalousien und Sperrgitter säumen den Weg.

Dabei landen zwischen 22 und 23 Uhr im Tagesdurchschnitt noch 17 Maschinen mit rund 2500 Passagieren in Tegel. Air Berlin aus Barcelona, Bergamo, Karlsruhe, London, Palma, Wien und Zürich, Lufthansa aus Frankfurt und München, Iberia aus Madrid, British Airways aus London, Swiss aus Zürich – zumindest innereuropäisch ist das Flugangebot vielfältig. Der Service am Boden dagegen nicht: Das Postamt schließt um 19 Uhr, fast alle anderen Geschäfte machen um 21 Uhr Feierabend. Auch die Reisebank lässt dann ihre Rollläden herunter, ebenso halten es die meisten Gaststätten. Der Reisebedarfs- und Zeitungsladen Bon Voyage hält eine halbe Stunde länger aus. Bis 22 Uhr wartet neben Burger King immerhin der Sexshop im Tiefgeschoss auf Kunden. Dann rücken auch die BVGer ab. Und im Supermarkt – laut Flughafen-Website bis 23 Uhr geöffnet – gehen ebenfalls bereits jetzt die Lichter aus.

„Zu einem attraktiven Flughafenstandort gehört ein ausgezeichnetes Einzelhandels- und Gastronomieangebot“, hat Flughafenchef Rainer Schwarz vor wenigen Wochen bei der Vorstellung des um neue Läden erweiterten Boulevard Tegel gesagt. Am Abend ist davon nichts zu merken. Man habe mehrfach auf die Missstände hingewiesen, betont BTM-Chef Nerger. Selbst tagsüber sei die Basisversorgung nicht gewährleistet, so fehle in Tegel noch immer eine Apotheke.

Auch die Industrie- und Handelskammer würde erweiterte Öffnungszeiten begrüßen, so Sprecherin Christina Müller-York. Doch müsse es sich für die Ladenmieter auch rentieren. „Wir fänden es schön, wenn allen Gästen die gleichen Serviceangebote zur Verfügung ständen“, sagt Claudia Löffler von Air Berlin. Mancher Fluggast wünsche sich schon, auch zu später Stunde noch „etwas zu beißen und zu trinken“ zu bekommen, so Wolfgang Weber von Lufthansa. Beschwert hat sich bei den beiden Fluggesellschaften deswegen aber noch kein Passagier.

Die vertraglichen Kernöffnungszeiten liegen zwischen 7 und 21 Uhr, so ein Flughafensprecher. Die Grundversorgung der Reisenden sei aber gewährleistet, Getränke, Snacks, Fahrscheine und Bargeld gebe es rund um die Uhr an Automaten.

Auch am Münchner Flughafen schließen die meisten Läden um 21 Uhr, am Frankfurter Rhein-Main-Airport um 22 Uhr. Verschiedene Gastronomiebetriebe sind hier aber bis Mitternacht oder sogar darüber hinaus geöffnet.

Rainer W. During

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