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Flughafen Tempelhof: Central Park mit Perlenkette

"Starke Kante“: Architekt Stephan Braunfels will Tempelhofs Flugfeld zur Grünfläche machen – umrandet mit einer lockeren Reihe von Wohn- und Bürotürmen. Vorbild ist der Central Park in New York.

Es tut ihm weh, keine Flugzeuge mehr in Tempelhof zu sehen. Er meint, dort gehörten sie weiter hin, unters Dach eines Luft- und Raumfahrtmuseums. Das weit geschwungene Dach hat ihn stets fasziniert. Das Gebäude und sein Vorfeld, sagt Stephan Braunfels, sollte für solch eine Luftfahrausstellung Platz bieten. „Es ist das einzig Vernünftige, dort wieder Flugzeuge stehen zu haben.“ Aber was wird aus dem weiten Feld mit seinen Rollbahnen, das auf dem Stadtplan wie ein Oval aussieht? Braunfels schlägt einen Central Park wie in New York vor, umgeben von einer „starken Kante“ von Wohn- oder Bürotürmen, die sich wie an einer Perlenkette um das Rund reihen und Durchblicke gewähren.

Die Riesenfläche müsse dauerhaft und populär als Park genutzt werden können, durchaus auch mit Wasserflächen. Die Größe des Geländes sollte spürbar bleiben, sagt Braunfels, der sich als „radikaler Raumdenker“ versteht. Hier gebe es einen unverwechselbaren charakteristischen Raum wie nirgendwo sonst in Deutschland, einen städtebaulich faszinierenden Ort mit großer Form. An dessen Rändern stellt er sich Turmhäuser in unterschiedlicher Höhe vor, von denen sich ein toller Blick auf den neuen großen Park in der Mitte ergeben könnte.

Durch die Lücken zwischen den Türmen seien der Nachbarschaft in Neukölln und Tempelhof die Sicht und der Zugang auf den Park nicht versperrt. Die einzeln stehenden Bürohäuser an der Lennéstraße am Tiergartenrand sind für ihn ein gelungenes Beispiel für ein Stück Perlenkette, die zugleich trennt und verbindet. Am Flugfeldrand müssten die Türme nur noch aus dem Boden herauswachsen: Das als Außenraum empfundene Feld werde zum Innenraum, in dessen Parklandschaft sich die Berliner und ihre Gäste wohlfühlen könnten. Jeder Hochhausturm sollte schlank sein und sich vom anderen unterscheiden, alle Häuser aber die starke, krasse Kante bilden.

Braunfels spricht von der „radikalen Askese der großen Form“, von gebührender Haltung gegenüber dem Gelände. Wenn es auch keinen Bedarf an Büro- und Wohnhäusern geben sollte: In jeder Form ließe sich jede Nutzung unterbringen, und wenn es Ministerien wären oder gar Gebäude für die Vereinten Nationen. Der großartige Raum in Tempelhof müsse nicht erst erfunden werden, er sei schon da, und man dürfe künftig auf keinen Fall das Umfeld „durch Zubauten verhübschen“ oder den Raum durch kleine Siedlungen, wie sie überall entstehen könnten, „völlig verschenken“.

Die Central-Park-Idee kommt nicht von ungefähr: Für Braunfels sind Berlin und New York die wichtigsten Städte überhaupt. Wenn er, der in München und Berlin seine Büros hat, in Amerika nach der Herkunft gefragt werde, löse die Antwort München nichts, die Antwort Berlin Begeisterung aus. Die Stadt fasziniere, sie müsse begreifen, welche Chancen sich böten – mit einem Central Park auf einer berühmten Fläche.

Für die mexikanische Großstadt Monterey hat Braunfels Hochhäuser in ungewöhnlich schwingender Form entworfen, „tanzende Türme“ nennt er das Projekt, das „Durchblicke“ auf Landschaften gewährt,wie sie ihm beim Flugfeld Tempelhof vorschweben. Nur am Tempelhofer Damm oder am Columbiadamm bliebe das Flughafengebäude ein großer Riegel inmitten der Hochhaus-Perlenkette, die sich ums Flugfeld legt. Aber an diesem Riegel, ohnehin denkmalgeschützt, will Braunfels nicht rütteln. „Ich bin ein totaler Liebhaber des Flughafens“, sagt er, und es klingt, als sei Tempelhof noch immer in Betrieb. Das Abfliegen, vor allem das Ankommen sei einmalig in der Welt gewesen, habe ein heimisches Gefühl vermittelt. Wenn er je einen Flughafen entwerfen sollte – die Idee mit dem weiten Dach griffe er auf, sagt Braunfels. Und dieses Dach sollte weiter genutzt werden, als Teil des Flugzeugmuseums, auch das Hauptgebäude und seine Abzweige böten sich als Museumsstandort an. Ein Luftfahrtmuseum stünde dem Central Park nicht im Weg. Selbst 100 Flugzeuge auf dem Vorfeld verlören sich in der Größe des Raums.

Christian van Lessen

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