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Flughafen-Vermietung: Tempelhof-Streit: Wolf kritisiert IHK

Die Vermietung des Flughafens Tempelhof an die Modemesse Bread and Butter löst gegensätzliche Reaktionen aus. Wirtschaftssenator Harald Wolf zeigt sich irritiert über den Brandbrief der Industrie- und Handelskammer. Auch Mitglieder protestieren.

Dem Lob folgt die Kritik. Der neue Chef der Berlin-Tourismus-Marketing (BTM), Burkhard Kieker sieht, wie berichtet, in der zweimonatigen Ansiedlung der Modemesse Bread and Butter auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof einen riesigen Erfolg mit hervorragenden Aussichten für die Berliner Wirtschaft. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie die Handwerkskammer geißeln dagegen in einem „Brandbrief“ an Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) das Vorgehen des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), das der Stadt schade. Wolf reagierte darauf mit „Unverständnis“.

IHK-Präsident Eric Schweitzer und Handwerkskammerchef Stephan Schwarz äußern in ihrem Brief die Befürchtung, dass durch die Vergabe der Flächen in Tempelhof an die Modemesse ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden für die Stadt entstanden sei. Denn mit dem Vermieten aller sieben Hangars, der Haupthalle und Teilen der Freiflächen für nur zwei Monate im Jahr seien alle anderen Konzepte für eine ganzjährige Nutzung der Hangars und der Haupthalle auf Jahre verbaut. Hier habe Wowereit, der den Abschluss des Mietvertrags forciert hatte, potenzielle Interessenten aus der Wirtschaft, die über die Ansiedlungsgesellschaft Berlin Partner geworben werden sollten, verprellt, sagte am Freitag IHK-Sprecher Holger Lunau. Die Kritik richte sich nicht gegen Bread and Butter, sondern gegen das Vorgehen beim Vermieten.

Wolf, der krank ist, habe Schweitzer telefonisch sein „absolutes Unverständnis“ über diesen Brief zum Ausdruck gebracht, sagte am Freitag die Sprecherin der Wirtschaftsverwaltung, Brigitte Schmid. Berlin Partner sei für das Anwerben von Unternehmen zuständig und in den Vorgang eingebunden gewesen. Ob der Senat einem interessierten Unternehmen eine Immobilie vermiete, sei alleine eine Entscheidung des Senats oder der dafür zuständigen Gesellschaften. Dies sei auch bisher immer so erfolgt.

Über das Schreiben der Wirtschaftsverbände hatte am Freitag die „Berliner Morgenpost“ berichtet. Der Axel-Springer-Verlag und die IHK arbeiten bereits seit mehreren Jahren eng zusammen. Die IHK-Mitgliederzeitschrift „Die Berliner Wirtschaft“ erscheint im Axel-Springer-Verlag, dem auch die „Berliner Morgenpost“ gehört. Auch für die Redaktion, den Anzeigenbereich, die Herstellung und den Vertrieb ist der Springer-Verlag zuständig.

Von Mitgliedern wird diese Zusammenarbeit zum Teil heftig kritisiert. Vorwürfe, hier gebe es eine Verquickung, seien „Quatsch“, sagte Lunau. Verantwortlich für den Inhalt der Zeitschrift sei nach wie vor die IHK. Lunau firmiert als Chefredakteur. Die Leistung sei zudem ausgeschrieben worden; auch andere Verlage hätten sich daran beteiligt. Darunter war unter anderem auch der Tagesspiegel.

Kritiker können die IHK nicht verlassen. Alle Gewerbetreibenden sind Zwangsmitglieder, die ihren finanziellen Beitrag leisten müssen – ebenso wie Handwerker der Handwerkskammer nicht entgehen können. Die Klage einer Versicherungsmaklerin gegen die IHK-Zwangsmitgliedschaft war 2001 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Die IHK sei für die „Vertretung der gewerblichen Wirtschaft“ und für die „Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben auf wirtschaftlichem Gebiet“ zuständig, begründeten die Verfassungsrichter ihr Urteil. Die IHK erfülle legitime öffentliche Aufgaben. Für Unternehmer eröffne die Kammerzugehörigkeit eine Chance zur Beteiligung und Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen.

Wie weit die IHK-Repräsentanten dabei gehen können, ist seit Jahren unter den Zwangsmitgliedern umstritten. Nach dem IHK-Gesetz sollen die gewählten Vertreter „das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrnehmen“ und dabei „die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend berücksichtigen“. Die IHK-Spitze vertrete aber zu häufig einseitige Positionen, werfen ihr Kritiker vor, was Lunau zurückweist. Bei der Kritik an der Schließung Tempelhofs zum Beispiel habe die IHK-Führung nur einen einstimmigen Beschluss der Vollversammlung umgesetzt.

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