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Immer teurer? Der BER.

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Update

Flughafen wird noch teurer: Kosten für den BER steigen auf fast sechs Milliarden

Eine Milliarde Euro. Diese Summe müssen Berlin, Brandenburg und der Bund zusätzlich zu den bisherigen 4,6 Milliarden für den BER einplanen. Doch der Brandenburger Staatssekretär Rainer Bretschneider dementierte den Bericht. Eines steht jetzt jedoch fest: Der Termin, an dem der Eröffnungstermin verkündet werden soll.

Der neue Hauptstadtflughafen in Schönefeld wird teurer und teurer. Die Länder Berlin, Brandenburg und der Bund müssen sich offenbar darauf einstellen, noch einmal rund eine Milliarde Euro für den BER zu bewilligen, der mit dem im Vorjahr nach der geplatzten Eröffnung verabschiedeten Rettungspaket über 1,2 Milliarden Euro bereits 4,6 Milliarden Euro kostet. Zwar gab es vom Flughafen und dem Aufsichtsrat am Freitag dazu keine Bestätigung. Doch es gibt eine neue halbamtliche Hochrechnung, dass noch einmal 1,1 Milliarden Euro benötigt werden, um den BER fertigzustellen. Die Zahl geht aus einem internen Controllingbericht des Projektsteuers WSP/CB hervor, aus dem die „Bild“-Zeitung am Freitag zitierte. Damit würde das 2006 beim Baubeginn noch mit 1,9 Milliarden Euro kalkulierte Projekt bei 5,7 Milliarden Euro enden.

Der Brandenburger Staatssekretär Rainer Bretschneider, Mitglied im Aufsichtsrat des Berliner Großflughafens BER, hat einen Bericht der „Bild"-Zeitung über eine Steigerung der Kosten für den Airport um mehr als eine Milliarde Euro als Spekulation zurückgewiesen.

Anfang 2014 könnte neuer Eröffnungstermin verkündet werden

Vor dem BER-Untersuchungsausschuss in Berlin bezeichnete auch der Staatssekretär aus dem Bundesverkehrsministerium, Rainer Bomba, der auch im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft sitzt, die neuen Zahlen als „Spekulation.“ Genauer wurde er bei der Terminverkündung für den nächsten Eröffnungstermin: Anfang 2014 könne es so weit sein. Heftige Vorwürfe machte Bomba der inzwischen abgelösten Geschäftsführung. Der damalige technische Geschäftsführer Manfred Körtgen habe trotz kritischer Nachfragen aus dem Aufsichtsrat kein realistisches Bild vom Zustand der Baustelle vermittelt. Und der ehemalige Flughafenchef Rainer Schwarz habe beim Risikomanagement versagt. Seine Klage gegen den Rauswurf soll am 14. November vor dem Landgericht verhandelt werden. Den Planern des Flughafens warf Bomba ein unzureichendes Problembewusstsein sowie eine unehrliche Berichterstattung im Aufsichtsrat vor.

Die Geschäftsführung des Flughafens werde dem Aufsichtsrat am 13. Dezember ein „solides Finanzkonzept vorlegen“, sagte Bretschneider am Freitag. Bis dahin blieben Berichte über den Umfang der Mehrkosten Spekulation. Bretschneider selbst hatte vor wenigen Tagen gewarnt, dass die Kosten für den Flughafen weiter steigen werden. Die „Bild"-Zeitung berichtete am Freitag, die Summe der Mehrkosten könne 1,1 Milliarden Euro betragen. Sie berief sich auf einen Bericht des Projektsteuerers WSP/CBP. Bretschneider sagte, diesen Bericht kenne er nicht. Entscheidend sei aber, was die Geschäftsführung „aus verschiedenen Zuarbeiten und eigenen Erkenntnissen“ Mitte Dezember vorlege.

Die Summe von 1,1 Milliarde wäre doppelt brisant: In diesem Fall wäre nämlich zum einen ein neues Beihilfeverfahren bei der EU in Brüssel notwendig, da der Puffer aus der letzten Genehmigung nach Tagesspiegel-Recherchen allenfalls noch einmal einen Nachschlag der öffentlichen Hand von 600 bis 800 Millionen Euro zuließe. Zum anderen, weil dem Aufsichtsrat das Dokument unbekannt ist, obwohl der erst vor einer Woche unter Vorsitz von Berlins Regierendem Klaus Wowereit stundenlang zu den BER-Finanzen beriet und trotz bohrender Nachfragen von BER-Chef Hartmut Mehdorn und der Finanzmanagerin Heike Fölster keine verlässlichen Zahlen bekam. Kühl ließ Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke), der den Finanzausschuss des Aufsichtstrats leitet, mitteilen: „Die Zahlen des Projektsteuerers liegen uns nicht vor“, sagte seine Sprecherin Ingrid Matern dem Tagesspiegel. „Falls diese stimmen sollten, dann wäre es äußerst verwunderlich, dass der Aufsichtsrat keine Kenntnis davon hat. Bislang hieß es immer, dass die Geschäftsführung  sich noch nicht in der Lage sieht, eine Kalkulation der Gesamtkosten vorzunehmen.“

Die womöglich fälligen 1,1 Milliarden Euro sind womöglich noch nicht das Ende

Merkwürdig wäre daran zum Zweiten aber auch, dass externe Controllingberichte wie zu Zeiten des gefeuerten Flughafenmanagers Rainer Schwarz allein an die Geschäftsführung des Flughafens gehen, nicht parallel an die Kontrolleure - und nun BER-Chef Hartmut Mehdorn mit dem Herrschaftswissen operiert.  

Und selbst die womöglich fälligen 1,1 Milliarden Euro sind womöglich noch nicht das Ende. Denn der Projektsteuerer geht bei seinen Berechnungen noch davon aus, dass der Flughafen im Jahr 2015  eröffnen kann. Das ist allerdings kaum noch zu schaffen, nach Tagesspiegel-Recherchen eine Eröffnung zum Frühjahr 2016 längst realistisch.  

Allein der Siemens-Konzern braucht für die Fertigstellung der Brandschutzanlage noch 18 Monate. Und er kann nach dem Vertrag erst mit den Arbeiten überhaupt erst beginnen, wenn Vorleistungen erbracht – im Terminal das Chaos in den Kabelschächten beseitigt ist. Im dem Tagesspiegel vorliegenden Mängelbericht des kürzlich degradierten, aber als gründlichen Baufachmanns geltenden Ex-Technikchef Horst Amann, heißt es dazu: „An ca. 70 Prozent aller Kabel und ca. 20 Prozent aller Kabeltrassen ist Handlungsbedarf gegeben.“

Monatlichen BER-Stillstandskosten sind neuerdings bei 17 Millionen Euro

Die müssen erst saniert, neu verlegt sein - ehe Siemens überhaupt mit der Brandschutzanlage beginnen kann. Und das kann noch Monate dauern. Die Zahlen im Controllingbericht selbst setzen sich aus bekannten Blöcken zusammen. Klar ist, dass in den bisherigen 4,6 Milliarden Euro für den jahrelang unter systematischen Bruch des Planfestellungsbeschlusses um das Vierfache zu gering kalkulierten Schallschutz bislang 290 Millionen Euro nicht eingebucht waren. Die monatlichen Stillstandskosten beziffert Mehdorn neuerdings mit 17 Millionen Euro, was in dem Dokument 240 Millionen ausmacht, satt wie in den letzten Monaten mit 35 Millionen Euro.

170 Millionen Euro veranschlagt der Projektsteuerer für weitere Planungs- und Baumaßnahmen, 125 Millionen Euro für bereits genehmigte Prognoseerhöhungen.  Allerdings, der Controllingbericht ist kein Dokument des Flughafenmanagements selbst, lediglich eine Zuarbeit. Und in der letzten Aufsichtsratssitzung machte das Management keine gute Figur, weil es keine exakten, validen Antworten geben konnte, weder zu den erwarteten Gesamtkosten, noch dazu, wie die im Vorjahr bewilligten 1,2 Milliarden Euro gebunden sind. Die Summe fließt bislang nämlich kaum ab, die Kassen des Flughafens sind voll. Und der Aufsichtsrat wunderte sich, dass der Flughafen nie Gegenrechnungen vorlegt – etwa zu höheren Mehreinnahmen in Tegel oder geringeren Ausgaben als 2012 kalkuliert, etwa für Schadenersatz nach der Verschiebung. (mit AFP)

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