zum Hauptinhalt

Flugsimulation: Take off auf Runway 9 L

Das Tempelhof-Gefühl im Rosinenbomber DC 3 erleben? Kein Problem. Starten, landen, über Berlin kurven – der Flugsimulator macht es möglich.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es ist 6.50 Uhr, aber die Frühlingssonne lugt schon ins Cockpit. Einige Federwölkchen segeln durchs Himmelsblau. Die Douglas DC 3 steht jetzt startbereit auf der Runway 9L in Tempelhof, die beiden Doppelsternmotoren brummen im Leerlauf und der Wetterdienst meldet leichten Wind und eine Sicht von über 20 Meilen. Ein idealer Tag für einen Rundflug mit dem Microsoft Flugsimulator X – und schon gibt der Tower die Startbahn frei. Ready for take off!

Also, Bremsen lösen und volles Gas. Die alte Mühle nimmt nur langsam Fahrt auf, gehorcht aber folgsam dem Höhenruder und wir sind in der Luft. Das Fahrgestell rein; mein Gott, das scheppert ja wie ein umgefallener Blecheimer. Wir gehen erst einmal auf südlichen Kurs und 5500 Fuß Höhe, unter der Maschine zieht schon Neukölln vorbei. Aber nun zerren ein paar Böen an der Maschine und sie wird zum Schaukelpferd, das Frühstück im Magen meldet sich.

Also runter auf 3500 Fuß, da sieht man auch mehr von Stadt und Land. Ein Blick links aus dem großen Cockpitfenster: Wie schön! Der Müggelsee schimmert in der Morgensonne. Ein Blick geradeaus: Wie hässlich! Vor uns der Schuhkarton des alten Abfertigungsgebäudes am Flughafen Schönefeld. Es wird Zeit, dass sich dort was tut. Südlich des Airports wagen wir mit unserem Rosinenbomber eine langgezogene Kehre. Das klappt prima. Der Simulatorpilot lehnt sich vergnügt zurück, fährt mit dem Mauszeiger liebevoll über die abgeschabten Instrumente. Hier ist alles beim Alten, nur eine komfortable GPS-Navigation hat Microsoft der ehrwürdigen DC 3 gegönnt.

Rechts die Spreelandschaft – ach, Berlin ist so schön. Wir drehen aufs Stadtzentrum zu und sehen bald links den Fernsehturm, der für jeden Stadtrundflug der ideale Orientierungspunkt ist. Der Palast der Republik ist noch nicht abgerissen und bei den tollen Sichtverhältnissen heute ist auch der Potsdamer Platz gut zu sehen, ganz hinten erahnt man den Funkturm und das ICC. Mit dem Flieger geht alles so schnell. Schon rückt der Flughafen Tegel heran, rundherum viel Wald und die Havelseen. Auch hier drehen wir nur eine hohe Platzrunde, die Bodenkontrolle hat zur Feier des Tages einen Freiflugschein spendiert. Alle Höhen und Richtungen sind erlaubt. Vielen Dank.

Jetzt aber Kurs Südost, denn landen soll die DC 3 natürlich wieder in Tempelhof, quer über die Stadtautobahn und das Schloss Charlottenburg. Ein bisschen abrupt zwingt der Gelegenheitspilot die Maschine auf die korrekte Höhe für den Landeanflug. Mit Knall und Knirsch klappen die Bugräder in Position und es beruhigt, dass auch die Landeklappen dem Befehl gehorchen, wenn auch mit einem merkwürdigen Zischen. Jetzt taucht das imposante Tempelhofer Feld aus dem Häusermeer auf, mitsamt dem langgestreckten Flughafengebäude.

Konzentration! Noch eine leichte Richtungs- und Höhenkorrektur. Lebend runter ist schwieriger als rauf – das weiß jeder Pilot. Ein lautes „Rrrumms“ signalisiert die Bodenberührung. Jetzt heißt es, voll in die Eisen zu steigen. Wir sind sicher gelandet. Und das Schöne ist: Mit dem Flight Simulator kann man auch nach dem 31. Oktober 2008 seine Kreise über Tempelhof ziehen. Ulrich Zawatka-Gerlach

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false