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Berlin: Fördern, nicht schikanieren

Gerd Nowakowski

Als Landwirtschaftsminister ließ Edwin Zimmermann 1994 auf der Grünen Woche beim Besuch der Brandenburger Aussteller den Stand der Klosterbrauerei Neuzelle demonstrativ unbeachtet. Sein Ministerium machte sich mit bürokratischer Schikane zum Gralshüter des deutschen Reinheitsgebots, obwohl das nicht seine Aufgabe war. Zimmermann musste wegen Vorteilsnahme gehen, die Nachteile für den BierBrauer gingen weiter. Elf Jahre lang, bis das Bundesverwaltungsgericht nun erlaubte, das süße Klosterbräu Bier zu nennen. Übrigens: Biersteuer musste das Unternehmen an das Land immer zahlen.

Was reitet die Bürokratie? Das Land hat Glück, dass der hartnäckige Unternehmer nicht längst aufgegeben oder seinen Betrieb nach Polen verlagert hat – um ungehindert sein Bier als Bier nach Deutschland importieren zu können. Eigeninitiativen, unternehmerischer Mut und Innovationen – in den Amtsstuben wird das oft misstrauisch beobachtet und eher behindert als gefördert. Die „kleine DDR“ ist unter den Bürokraten nur zu lebendig.

Obwohl das Land jeden Arbeitsplatz benötigt, tut es wenig für seine Unternehmer. Dabei hat Brandenburg im Ostdeutschland die höchste Selbstständigenquote. Gefördert wurden Großprojekte, zuweilen gegen jede ökonomische Vernunft und Warnungen; von Lausitzring bis Chip-Fabrik. Der Mittelstand aber wird schikaniert: Ein Hotelbesitzer darf seinen Steg am See nicht erneuern und bangt um seine Gäste, ein Mineralwasser-Abfüller darf keine neue Quelle erschließen und damit die Produktion ausweiten. Landwirte können Investitionen nicht umsetzen, weil einige Bäume nicht gefällt werden dürfen und Trauungen im Gartenrestaurant sind nicht erlaubt, weil die Tinte nass werden könnte. Alles Beispiele, die Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) erlebt hat. Jeden Tag, sagte er vor der Wahl im September 2004, erfahre er von übertriebener Bürokratie; sie sei eines der größten Hindernisse im Lande. Die SPD-CDU-Koalition will für das Land einen zweiten Anfang. Schönbohm versprach eine „Stabsstelle Bürokratieabbau“ beim Ministerpräsidenten. Im Koalitionsvertrag ist das auch vereinbart. Nur: In der Staatskanzlei von Ministerpräsident Platzeck gibt es die Stelle nicht.

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