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Nur einer wird gehört. Michael Müller wird immer beliebter, die Werte von Frank Henkel dagegen fallen. Foto: Stephanie Pilick/dpa

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Forsa-Umfrage: Michael Müller wird beliebter, Frank Henkels Werte fallen

Die SPD liegt mit 29 Prozent deutlich vor der CDU mit 23 Prozent. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag der "Berliner Zeitung". Frank Henkel und seine CDU haben das Nachsehen gegen die SPD – und brauchen ein neues Profil.

Von Sabine Beikler

Dieser Kurvenverlauf spricht nicht für die CDU. Im Mai 2014 kam die Union laut Umfragen in Berlin noch auf 30 Prozent und lag sieben Prozentpunkte vor der SPD. Im November lagen SPD und CDU mit 26 Prozent gleichauf. Und jetzt liegt die SPD mit 29 Prozent deutlich vor der CDU mit 23 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 17 und den Linken mit 15 Prozent. Statt Nervosität reagiert man in der CDU mit ausgesprochener Gelassenheit. Dies sei eine „klare Momentaufnahme“, heißt es in CDU-Kreisen, die auf das „Konto des Regierenden Bürgermeisters“ gehe.

Michael Müller hat laut Forsa-Umfrage im Auftrag der „Berliner Zeitung“ mit einer Beliebtheit von 92 Prozent den Zweitplatzierten Frank Henkel mit 78 Prozent sichtbar geschlagen. Auf hohe Sympathiewerte von Müller kommt auch wie berichtet die jüngste Infratest dimap-Umfrage. Dreiviertel der SPD–Wähler sind mit Müllers Arbeit zufrieden. Aber selbst aus dem CDU-Lager meinen 62 Prozent, dass Müller gute Arbeit macht. Mit dem Amtsbonus des „neuen“ Regierenden Bürgermeisters wäre das noch erklärbar. Aber nur 60 Prozent der CDU-Wähler sind mit Henkels Arbeit zufrieden.

"Typ Anti-Wowereit"

Der „unaufgeregte“ Stil von Michael Müller komme offenbar gut an, sagt Oskar Niedermayer, Parteienforscher an der Freien Universität. Müller sei der „Typ Anti-Wowereit“. Weniger Glamour, dafür mehr Sachlichkeit. Viele Berliner würden den Nachfolger von Klaus Wowereit auch als „neuen“ Politiker bewerten, obwohl Müller seit 2011 als Senator in der rot-schwarzen Koalition tätig und unter Rot-Rot von 2001 bis 2011 SPD-Fraktionschef war. „Problematisch“ sei jedoch der relativ unbekannte Bekanntheitsgrad von Frank Henkel in Berlin. „78 Prozent ist zu wenig für einen Parteichef und Innensenator“, sagt Niedermayer.

Henkel ist designierter Spitzenkandidat seiner Partei. In der CDU ist diese Führungsfrage seit längerem geklärt. Daran ändern auch Umfrageergebnisse nichts. Der Parteienforscher vermisst einen unverwechselbaren Kurs, ein eigenes Profil bei Henkel. „Die Wähler wollen mal was von ihm hören“, sagt Niedermayer und meint damit auch, Konflikte zwischen SPD und CDU deutlich schärfer auszutragen. Die bürgerliche Wählerklientel im Westteil der Stadt sehne sich schon mal nach einer „Law and order-Politik“. Henkels Vorgänger Ehrhart Körting (SPD) beispielsweise habe mit eigenen und souveränen Positionen das Image eines prinzipienfesten Politikers gehabt.

Henkel müsse als designierter Spitzenkandidat seiner Partei für die Abgeordnetenhauswahl 2016 in Berlin als „Person und Nummer eins die Parteilinie vertreten“, sagt Niedermayer. Und vor allem den Markenkern der Union. Dazu zählen die Themen Wirtschaft, Innenpolitik und Bildung. Auf Druck der CDU wurde die Früheinschulung gekippt – ein Kompromissgeschäft mit der Einführung der Umwandlungsverordnung. Der stellvertretende Landesvorsitzende, Michael Braun, postuliert ein „politisches Jahr der Sachlichkeit“. Solange die Koalition im Amt sei, gebe es eine „Gesamtverantwortung für Berlin“, sagt Braun. Einen Streit zwischen SPD und CDU aufzulegen, würden die Wähler nicht goutieren. „Es geht um die gemeinsame Lösung von Problemen in der Stadt.“ Die Unterschiede zwischen SPD und CDU würden ohnehin schon noch während des Wahlkampfes deutlich werden.

Das Problem der CDU: die Großstadt

„Wir wollen stärkste Kraft bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 werden“, sagte CDU-Generalsekretär Kai Wegner. „Das Ziel heißt, Frank Henkel soll Regierender Bürgermeister werden.“ Das soll mit folgenden Zielen erreicht werden: Die Koalition wird weiterhin den Konsolidierungskurs verfolgen, keine neuen Schulden machen und auf „solide Finanzen“ achten, so Wegner. Auch im Themenfeld innere Sicherheit wolle die CDU auf „mehr Personal bei der Polizei“ drängen. Dennoch sieht Wegner, der auch der Großstadtbeauftragte der CDU/CSU- Bundestagsfraktion ist, kein kleines Problem für die CDU: Es heißt Großstadt. Dort laufen den Christdemokraten wie bei der jüngsten Wahl im Februar in Hamburg die Wähler weg. In der Hansestadt erreichte die Union den historisch schlechten Wert von 15,9 Prozent.

Wegner fordert eine größere Öffnung seiner Partei hinsichtlich der Themen soziale Gerechtigkeit, Mobilität, innerstädtisches Wohnen oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die CDU müsse sich als „Kiezpartei“ aufstellen, die sich vor Ort um die alltäglichen kleinen und großen Probleme der Menschen kümmert. Als Volkspartei müsse die CDU „allen gesellschaftlichen Gruppen Politikangebote machen“. Er denke auch an Themen wie altersgerechtes Wohnen. Das Wahlprogramm will die CDU im Herbst verabschieden. Bis dahin heißt es: solide regieren.

Lesen Sie zum Umfragetief der Berliner CDU auch den Kommentar von Sabine Beikler: "Augen zu und durch".

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