zum Hauptinhalt

Forschung: Rasen, bremsen, rammen

Das „Driving Center“ in Groß Dölln will zum Testgelände für Elektroautos werden

Gross Dölln - Das Auto kracht in voller Fahrt seitlich gegen die Leitplanke. Doch während die meisten Autofahrer in so einem Fall ruckartig auf die Bremse treten, können sich Personenschützer und andere Sicherheitsbeamte oft keine Schrecksekunde oder gar einen Stopp auf der Autobahn oder Bundesstraße leisten. „Bei uns verlieren diese Gruppen ihre Angst vor dem Blech“, sagt Peter Moers, Chef von Europas größten Fahrsicherheitszentrum auf dem ehemaligen Militärflugplatz Groß Dölln inmitten der Schorfheide. Im nächsten Augenblick touchiert auch schon ein BMW die eigens für dieses Training montierten Begrenzungsplanken. „Die Fahrer müssen aber mehrfach dagegenfahren. Erst dann können sie wirklich sicher reagieren.“

Auf die lautstarken Crashs folgen nicht weniger spektakuläre Übungen mit viel Feuer und Rauch, Fahrten auf gewässerten und spiegelglatten Asphaltstrecken oder rasante Manöver in engen und kaum einsehbaren Kurven. Bundeskriminalamt, Landeskriminalamt, Bundeswehr sowie in- und ausländische Sicherheitsdienste nutzen gern die Angebote auf dem 2000 Fußballfelder großen Areal des „Driving Centers“. Nicht wenige Interessenten landen direkt mit dem Flugzeug auf der in Europa ziemlich einzigartigen Betonpiste. Immerhin ist sie vier Kilometer lang und 100 Meter breit. Eine zweite Start- und Landebahn zweigt im rechten Winkel von der Hauptstrecke ab. Allein diese Konstruktion zeugt von der großen Bedeutung des bis 1992 von den russischen Streitkräften genutzten Flugplatzes, der sogar als dauerhaftes Atomwaffendepot diente. In 40 getarnten Bunkern waren Jagdmaschinen und andere Geräte untergebracht, heute werden 14 vom Drivingcenter genutzt. In zwei der großen Bunker fliegen Fledermäuse ein und aus. Dazwischen liegen die Teststrecken für Fahrzeuge aller Art und Größe. Nicht nur Automobilfirmen sind hier Stammgast, sondern vor allem an Wochenenden auch ganz normale Autofahrer.

Während einer Rundfahrt über das riesige Gelände verweist Geschäftsführer Peter Moers auf die schier unüberschaubaren Dimensionen des Flugplatzes, auf dem seit 2002 rund acht Millionen Euro investiert wurden. „Wir wollen uns ganz dem Trend der Zeit stellen und uns zum Kompetenzzentrum für Elektromobilität entwickeln“, sagt Moers. „Überall werden derzeit Elektromotoren und Batterien entwickelt, bei uns könnten sie unter unterschiedlichen Bedingungen getestet werden.“ Man sei mit dem Konzern Vattenfall im Gespräch, der hier eine Elektrotankstelle mit zahlreichen Zapfsäulen bauen wolle. Noch würden sich die Experten darüber streiten, ob sich Wechsel- oder Gleichstrom für eine schnelle Batterieladung durchsetzt.

Gregor Berghof vom Vorstand der Flugplatzverwaltungsgesellschaft Groß Dölln schloss sogar den Einstieg von weiteren Großunternehmen nicht aus. Siemens wolle große Elektro-Lkw für den Untertagebau testen. Auch gebe es Interesse von Reifenherstellern, passgenaue Mischungen für Elektromobile zu entwickeln. Die kämen dann in Groß Dölln ebenfalls zum Einsatz.

Mit steigenden Umsätzen würde nicht zuletzt Geld in die Kasse kommen, um ein leidiges Umweltproblem endlich aus der Welt zu schaffen. Da die russischen Soldaten die Flugzeuge rechts sorglos betankt hatten, bildete sich im Laufe der Jahrzehnte ein riesiger Kerosinsee unter dem Flugplatzgelände. Er schwimmt auf dem Grundwasser und muss hier wie auf anderen Truppenübungsplätzen mühevoll abgepumpt werden. Sieben von 20 Bohrungen sind gesetzt worden.

Den hochfliegenden Plänen des Driving Centers stehen allerdings Einsprüche der zuständigen Forstverwaltung entgegen. Diese betrachtet den Flugplatz größtenteils als Wald und lehnt Erweiterungen ab. Inzwischen streiten sich die Förster und das Testzentrum sogar vor Gericht.

Weitere Informationen unter Tel. 039883/48 960 und www.drivingcenter.de

Zur Startseite