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Hände frei. David Latotzky kann das Forschungsauto mit den Augen lenken. Das Design der Apparaturen scheint aber gewöhnungsbedürftig.

© ddp

Forschungsauto: Das Auge lenkt mit

Forscher der FU haben ein Auto entwickelt, das über die Bewegung der Pupillen gesteuert wird. Für Menschen mit Behinderung könnte diese Technologie einmal nützlich sein.

Ein Blick nach links und das Fahrzeug biegt ab, ein Blick nach rechts und das Lenkrad dreht selbstständig zurück. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt sitzt David Latotzky hinter dem Steuer eines weißen Dodge und fährt auf eine Horde Journalisten zu. Latotzky ist Testfahrer des Forschungsautos „Spirit of Berlin“. Er lenkt mit den Augen. Auf dem Gelände des stillgelegten Flughafens Tempelhof präsentierte die Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz der Freien Universität Berlin ihre neueste Entwicklung: den „eyeDriver“.

Nur Gas und Bremse muss Latotzky altmodisch mit den Füßen bedienen. Eine Kamera, die an seinem umgebauten blauen Fahrradhelm befestigt ist, registriert jede Bewegung der Pupillen und ordnet ihnen einen Punkt auf der Straße zu. Fixiert man beispielsweise ein anderes Auto, fährt der „eyeDriver“ dem Fahrzeug hinterher. Für Menschen mit Behinderung könne diese Technologie einmal nützlich sein, erklärt Projektleiter Tinosch Ganjineh. Schon in zehn Jahren, schätzt er, könne die Augensteuerung ihnen eigenständiges Fahren ermöglichen. Natürlich müsse die Lenkung aber mit intelligenten Computerprogrammen gekoppelt werden.

Raúl Rojas, Professor am Institut für Informatik der FU-Berlin, möchte solche Steuerelemente Stück für Stück in den Straßenverkehr integrieren. „Eigentlich fährt dieses Auto autonom“, erklärt er. Sensoren nehmen im Umkreis von 70 Metern jeden Gegenstand wahr, registrieren sogar Fahrbahnmarkierungen und Bordsteine. „Wenn Sie im Straßenverkehr aus Versehen einer schönen Frau hinterhergucken, verpassen Sie im schlimmsten Fall mal eine Ausfahrt oder biegen falsch ab.“ Der Computer kenne die Verkehrsregeln und erlaube nicht, einen Unfall zu bauen.

Wie sehr Rojas dieser Technik vertraut, demonstriert er recht eindrucksvoll, als er dem Testfahrzeug in den Weg springt. Einen Moment scheint er nicht sicher, ob das so eine gute Idee war, zuckt leicht zurück. Dann das erlösende Quietschen der Reifen. Der Wagen hat eine automatische Notbremsung eingeleitet und kommt einen guten Meter vor ihm zum Stehen. 150 000 Euro kostet dieser Prototyp, der später ein unfallfreies Fahren ermöglichen soll. In 50 Jahren, schätzt Rojas, könnten solche Autos durch Berlin fahren. Eine Gefahr würden dann nur noch die von Personen gesteuerten Autos darstellen. „Der Computer macht kaum Fehler. Die Herausforderung ist, ihm beizubringen, mit den Fehlern der menschlichen Fahrer zu rechnen“, sagt Rojas und skizziert die Vision einer Zukunft vollautomatischer Fahrzeuge. Wer sein Auto später noch selber steuern wolle, sagt er mehr im Ernst als im Scherz, könne das dann ja auf dem Testgelände in Tempelhof tun. Sidney Gennies

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