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Französische Straße: Freie Fahrt nach 18 Jahren Streit

Am Vormittag wird die verlängerte Französische Straße freigegeben. Anwohner befürchten eine Flut von Autos.

Es ist nur ein kleiner Abschnitt. Aber er hat eine große Bedeutung. Praktisch und symbolisch. Am heutigen Dienstag gegen 11.30 Uhr wird auf der Französischen Straße in Mitte der bisher unterbrochene Abschnitt zwischen der Mauerstraße und der Wilhelmstraße für den Autoverkehr freigegeben. Rund 18 Jahre lang war darum politisch gestritten worden, hatten sich Anwohner gewehrt. Nun gibt es eine weitere durchgehende Ost-West- Verbindung mit je einer Fahr- und Parkspur pro Richtung. 500 000 Euro hat der Ausbau gekostet.

Ursprünglich wollte die SPD die Lücke auf der Französischen Straße nur schließen, wenn gleichzeitig auf der Leipziger Straße Gleise für die Straßenbahn gelegt worden wären, um eine Verbindung vom Alex zum Kulturforum und eines Tages bis zum Rathaus Steglitz zu schaffen. Ohne großen Widerstand trieb die Stadtentwicklungsverwaltung unter Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) dann aber den Ausbau der Französischen Straße voran, ohne eine Entscheidung zur Tram zu fällen. Diese müsse jetzt aber umgehend kommen, fordert der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Christian Gaebler. Und zwar zu Gunsten der Straßenbahn. Nur so könne die Innenstadt weiter vom Autoverkehr entlastet werden.

Eine Entlastung des Ost-West-Verkehrs stellt die knapp 300 Meter lange Trasse zwischen Mauer- und Wilhelmstraße auf jeden Fall dar: Von der Friedrichstraße muss der Autofahrer nun nicht mehr den Weg zur Leipziger Straße nehmen, um zum Potsdamer Platz zu kommen. Er biegt in die Französische Straße ein, überquert die Wilhelmstraße und kommt über die Hannah-Arendt-Straße zur Ebertstraße. Allerdings muss er an einer neu installierten Ampel an der neuen Kreuzung Französische-/Wilhelmstraße bis zum leuchtenden Grün warten.

Für die Stadtentwicklungsverwaltung ist die neue Trasse notwenig, wenn aus Sicherheitsgründen möglicherweise die Behrenstraße an der US-Botschaft gesperrt werden sollte. Dafür liegt nun das Holocaust-Mahnmal quasi auf einer Verkehrsinsel. Um den Besuchergruppen einen gefahrlosen Übergang zu ermöglichen, wurde in der Behrenstraße auf Höhe der Cora-Berliner- Straße eine Ampel installiert. „Wir wollen erst einmal beobachten, wie sich die neue Autostraße auswirkt“, sagt Uwe Neumärker als Geschäftsführer der Mahnmalsstiftung, „wenn es zuviel wird und Besucher, die in der Hannah- Arendt-Straße aus den Reisebussen steigen, möglicherweise zu Schaden kommen, muss man die Situation neu besprechen.“

Anwohner hatten gegen die befürchtete Verkehrsflut vor ihren Häusern vergeblich geklagt. Sie erhielten Schallschutzfenster, im Wohnblock gegenüber dem Verbraucherschutzministerium sind ohnehin mehrere Wohnungen zweckentfremdet zu umstrittenen Touristen-Apartments geworden. Froh über den neuen Weg ist man in der ständigen Stasi-Ausstellung, die nun unmittelbar erreichbar ist. Doch das kleine Bronzedenkmal am Eingang, das vor dem einstigen Innenministerium der DDR „die Verbundenheit von Polizei und Werktätigen“ mit drei Figuren – Polizist, Arbeiter, Frau mit Bauarbeiterhelm – demonstrieren sollte und das man als stählernen Zeitzeugen ursprünglich erhalten wollte, ist spurlos verschwunden: Zeugen haben beobachtet, wie es kürzlich abmontiert und wegtransportiert wurde – von der Polizei. kt./Lo.

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