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Berlin: Frau Schubert schrieb Herrn Sarrazin Der Streit um das Spar-Urteil

ist ein „Meinungsaustausch“

Leise, leise schwindet das Ansehen der Justizsenatorin. Karin Schubert fühlte sich berufen, das SparUrteil des Landesverfassungsgerichts sozusagen Sarrazin-widrig zu lesen. Was der Finanzsenator und der Regierende Bürgermeister als ultimative Verpflichtung auf weiteres Sparen verstanden, legte die Juristin Schubert ganz anders aus. Sie deutete das Urteil als Lizenz zum Schuldenmachen: Weil das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht in Berlin gestört sei, seien Kredite erlaubt, damit die Wirtschaft nicht zum Erliegen komme. Das schrieb sie dem Finanzsenator. Der antwortete, und weil es im Senat bei allen Schwierigkeiten höflich zugeht, gab es offiziell zwischen Schubert und Sarrazin bloß einen „Meinungsaustausch“.

Jenseits der Höflichkeitsgrenze, im nichtzitierfähigen Teil des Politbetriebes, werden zwei Deutungen des Schubertschen Meinungsausbruchs angeboten. Entweder sei die Senatorin naiv genug, zu glauben, sie könne Sarrazin gegenüber eine Gegenmeinung schriftlich formulieren, dies allen anderen Senatoren zur Kenntnis geben – und erwarten, das Ganze bleibe ein senatsinterner Vorgang. Denn die Justizsenatorin mag ihre Finanzen im Griff haben – den zur Freigiebigkeit neigenden Sozial-, Bildungs- und Kultursenatoren dürfte sie mit ihrer Begründung wachsender Neuverschuldung aus der Seele gesprochen und geschrieben haben.

Die andere Erklärung für Karin Schuberts Brief-Offensive kommt ohne die schmeichelhafte Version von Naivität aus: Vielleicht sei die Senatorin „dumm“ genug, nicht zu ahnen, dass sie den halben Senat gegen sich aufbringe. Außer Sarrazin und Wowereit hatte auch Wirtschaftssenator Harald Wolf das Urteil als Sparzwang verstanden. Wie auch immer: Im Senat ist der Vorgang am Dienstag angeblich nicht besprochen worden. Dass bloß nicht noch Mobbing-Vorwürfe hochkommen. wvb.

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