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Berlin: Frauen übernehmen die Arbeit

Die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berlin sind weiblich. Forscher halten sie für motivierter und flexibler

Von Sandra Dassler

In Berlin arbeiten mehr Frauen in sozialversicherungspflichtigen Jobs als Männer – und das, obwohl sich der Anteil der Frauen an Berlins Bevölkerung insgesamt in den vergangenen Jahren verringert hat. Marion Kirchner vom Statistischen Landesamt Berlin war selbst von den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit überrascht: „Am 31. Dezember 2003 waren von 1065256 Beschäftigten in Berlin nur 516163 Männer und 549093 Frauen.“ Bis kurz vor der Jahrtausendwende hatten die Berliner Männer stets die Nase vorn. 1999 gab es noch zehntausend mehr männliche als weibliche Beschäftigte in der Hauptstadt. Ein Jahr später hatten die Frauen einen knappen Vorsprung von 4000 Stellen „herausgearbeitet“, der seither stetig anwuchs.

Berlin liegt mit einem Frauenanteil von 51,5 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze – das schließt beispielsweise die so genannten Billigjobs aus – an der Spitze der bundesweiten Statistik. Es folgen Mecklenburg-Vorpommern mit 51,3 und Sachsen-Anhalt mit 50,6 Prozent Frauenanteil. Im Bundesdurchschnitt entfallen allerdings nur 45 Prozent der genannten Arbeitsstellen auf Frauen und 55 Prozent auf Männer.

Christoph Lang, Sprecher der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen, sieht diese Entwicklung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Natürlich hat das damit zu tun, dass wir in Berlin ein Angebot an Kinderbetreuungsmöglichkeiten haben, das im Vergleich zu anderen Bundesländern seinesgleichen sucht.“ Das gebe jungen Frauen die Möglichkeit, einer Beschäftigung nachzugehen. Lang verweist zugleich darauf, dass die Zahl der beschäftigten Männer überproportional zurückgegangen ist. Ob es auch damit zu tun hat, dass Männer sich häufiger in ihr Arbeitslos fügen, lässt Christoph Lang offen. „Frauen sind aber eher bereit – beziehungsweise müssen bereit sein – in Teilzeitjobs zu arbeiten.“

Arbeitsmarktexperte Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung bestätigt das: „Zwar ist es inzwischen ein bundesweiter Trend, dass immer mehr Frauen arbeiten. Aber Berlin hat eine Sonderstellung – vor allem, weil im Ostteil fast alle Frauen berufstätig waren. Und in den vergangenen Jahren sind die meisten Jobs in Branchen verloren gegangen, die traditionelle Männerdomänen sind– etwa in der Bauwirtschaft.“

Die Statistik gibt Brenke recht: Die Zahl der Stellen im Berliner Baugewerbe ging von 84149 im Jahr 1999 auf 47837 im vergangenen Jahr zurück. Ähnliches gilt nach Gewerkschaftsangaben für das verarbeitende Gewerbe, die Chemie- und die Metallbranche. Frauen hingegen arbeiten vor allem im Dienstleistungsgewerbe. Hier entstanden sogar neue Stellen, sagen die Experten. Aber auch die traditionellen Frauenjobs wie Erzieherinnen, Lehrerinnen, Altenpflegerinnen sind vom Abbau nicht so stark betroffen – Kinder und ältere Menschen müssen betreut werden.

Generell gelten jungen Frauen inzwischen bildungsbewusster als junge Männer, sagt Herbert Buscher vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle: „Sie haben die besseren Abschlüsse und sie überholen ihre männlichen Kollegen inzwischen auch in Sachen Mobilität.“

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