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Berlin: Freispruch für Adam und Eva

Zwölf-Apostel-Kirche stellte Sünder vor Gericht

War es eigentlich richtig, Adam und Eva aus dem Paradies zu werfen? Auf jeden Fall, argumentierten gestern in der evangelischen Zwölf-Apostel-Kirche die Zeugen der Anklage. Schließlich war da die Sache mit dem Apfel, Adam und Eva haben gegen ein Gebot verstoßen. Da musste Gott durchgreifen. Man sehe ja, wohin es führt, wenn Gott die Menschen walten lässt, sie wollen sich in ihrem Größenwahn sogar zu Herren über Leben und Tod aufschwingen und Menschen klonen. Pfarrer Martin Hofmeister, der nur aushilfsweise aus Hohenschönhausen in die Kurfürstenstraße in Tiergarten gekommen war, hatte sich etwas Originelles einfallen lassen. Er stellte Adam und Eva in seiner Predigt noch einmal vor ein Gericht und ließ Ankläger, Verteidiger und Zeugen zu Wort kommen. Wir, die Zuhörer, fanden sich in der Rolle der Geschworenen wieder.

Während die Anklage nach der harten Hand Gottes verlangte und den Rauswurf aus dem Paradies rechtfertigte, plädierte die Verteidigung für Freispruch. Adam und Eva seien aus dem paradiesischen Dasein hinausgewachsen und wollten ihr Leben selbst in die Hand nehmen. So wie auch Kinder irgendwann erwachsen werden und Verantwortung übernehmen. Dass seitdem auch vieles schief gegangen ist, sei normal. Mit Freiheit umzugehen, sei nun mal nicht einfach.

Dass Gott Adams und Evas Emanzipation unterstütze, könne man auch an der Geschichte vom verlorenen Sohn sehen, sagte Pfarrer Hofmeister. Der Vater empfängt den Sohn mit offenen Armen, obwohl dieser ziemlich viel Mist gebaut hat. Gott selbst habe sich verändert und uns als seine menschlichen Söhne und Töchter angenommen – mit unseren Fehlern. Einige Zuhörer schauten sich überrascht an und nickten. Sie hätten Adam und Eva wohl freigesprochen. Ein Freispruch ist ja auch kein Freibrief, künftig absichtlich alles falsch zu machen.

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