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Freiwilligenbörse: Gern geschehen

Viele wollen sich in der Freizeit sozial engagieren, wissen nur nicht, wo. Die Freiwilligenbörse bot schon mal einen Überblick.

„Hast du schon aufgegessen?“, fragt Christiane Amede ihre Tochter, die vor ihr im Kinderwagen sitzt, zusammen mit Schwesterchen Hanna. Die Kleine mit den braunen Locken nickt, und Christiane Amede wendet sich wieder dem Stapel Flyer und Broschüren in ihrer Hand zu. Die 27-Jährige ist im Eiltempo an den Ständen der mehr als 90 Vereine, Verbände und Initiativen vorbeigelaufen, die sich an diesem Sonnabendvormittag zur zweiten Berliner Freiwilligenbörse unter dem Motto „Ehrenamt tut gut“ im Roten Rathaus versammelt haben.

Die junge Mutter und Slawistik-Studentin würde gerne ehrenamtlich arbeiten – auch wenn es schwerfällt, sich vorzustellen, wann sie dazu noch Zeit haben könnte. „Ich habe einfach gemerkt, dass ich gerne noch etwas machen möchte“, sagt sie. Vorstellen könnte sie sich zum Beispiel, mit Kindern mit Migrationshintergrund zu arbeiten. Und im Idealfall will sie ihr Ehrenamt auch mit dem Nützlichen verbinden: Und etwas tun, bei dem sie ihre Russischkenntnisse trainiert.

Das Interesse, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist groß an diesem Vormittag. Um kurz nach zwölf schieben sich bereits 300 Interessierte an den vielen Ständen vorbei, an denen eigentlich für jeden etwas dabei sein sollte. Unter den Ausstellern sind zum Beispiel Amnesty International, die Malteser oder der Weiße Ring, der auf der Börse im vergangenen Jahr drei neue ehrenamtliche Helfer gewinnen konnte – nach 150 Gesprächen. Die Bilanz der Veranstalter klingt noch viel positiver: „Im Durchschnitt haben wir im vorigen Jahr an jedem Stand 60 Gespräche geführt“, sagt Carola Schaaf- Derichs von der Landesfreiwilligenagentur Berlin. Jeder Vierte habe direkt danach ein Engagement begonnen. Die Auswertung zeige aber auch, dass die Besucher zwischen 45 und 55 Jahren alt waren. „Deshalb haben wir in diesem Jahr versucht, mehr Angebote vorzustellen, die sich an junge Leute und an Menschen mit Migrationshintergrund richten“, sagt die Projektleiterin.

Aber auch jetzt, gegen halb eins, ist der Großteil der Besucher eher über 40. Die Jüngeren schlafen sich vielleicht noch aus. An den Infoständen stehen allerdings viele, die gerade erst ihr Abitur gemacht oder ein Studium angefangen haben. Stefanie Böther wirbt für das Freiwillige Ökologische Jahr. Gemeinsam mit zwei Kollegen hofft sie darauf, wenigstens die Eltern ihrer Zielgruppe für ihr Projekt interessieren zu können.

Die 20-Jährige findet, dass es gerade in diesen Krisenzeiten wichtig ist, sich zu engagieren: „Unser Projekt steht für ein Umdenken.“ Und der Karriere sei ein solches Engagement auch nicht gerade abträglich: „In diesem Jahr können wir viele praktische Erfahrungen sammeln, zum Beispiel im Labor oder in der Öffentlichkeitsarbeit.“

Ein paar Stände weiter wirbt Betul Yilmaz für die Bürgerstiftung Neukölln. Die 23-Jährige trägt ein Kopftuch – und findet nicht, dass sich Migranten deutlich seltener ehrenamtlich engagieren als Deutsche. „Das Engagement vieler Migranten hat vielleicht eine andere Dynamik und ist für Deutsche nicht so stark sichtbar, denn es läuft eher in den eigenen Communitys ab“, sagt die Studentin. Und häufig bringe ein Migrant, der ein Engagement in einer Organisation beginne, nach und nach weitere Freunde und Bekannte mit.

Ehrenamtlich etwas tun möchte auch Dieter Welser, aber er ist noch unentschlossen. Der 49-Jährige interessiert sich einerseits für die Seniorenberatung des Landesseniorenbeirats, doch ihn reizt auch die Telefonseelsorge. „Ich bin arbeitslos und habe im Moment einfach zu viel Zeit, da kann ich doch auch etwas Nützliches tun“, erklärt er. Und er habe dann endlich wieder mit echten Menschen zu tun, und nicht nur mit seinem Fernseher.

Mehr Informationen unter:

www.freiwilligenagentur-berlin.de

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