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Berlin: Freizeitheime werden geschlossen: Stadtreinigung trennt sich von teurer Erblast

Alte West-Berliner werden sich erinnern. In Kladow, da war doch was.

Alte West-Berliner werden sich erinnern. In Kladow, da war doch was. Das Freizeitheim der Berliner Stadtreinigung nämlich. Imchenallee 29-31. Wer mit der Historie der BSR vertraut ist, erinnert sich gerne. Mit der Freizeit- und Übernachtungsstätte des städtischen Eigenbetriebs verbinden sich nicht nur die farbigsten Skandale des ÖTV-beherrschten Müllbetriebes aus den 70er und 80er Jahren, sondern auch das finanzielle Füllhorn, das der Senat damals über den Seinen ausschüttete. 9,34 Millionen hatte der Bau 1977 gekostet. Jetzt steht das Ende bevor.

Der Landesbetrieb wollte seiner "Fürsorgepflicht" gegenüber den Bediensteten genügen, wie die Großzügigkeit damals hieß. Nun ist Schluss. Zum 1. August wird die Freizeitstätte geschlossen. Die Zeiten haben sich geändert, nicht nur in West-Berlin. Das alte Ost-Berliner Pendant der Stadtreiniger, das Erholungsheim in Wilhelmshagen, wird gleich mit geschlossen.

Was aus den teuren Grundstücken im Grünen wird, ist unklar. Man werde erst noch darüber nachdenken, sagte BSR-Sprecherin Sabine Thümler gestern. Für den Rechnunghof muss aber jetzt schon ein Traum in Erfüllung gehen. Immer wieder hatten die staatlichen Kosten-Kontrolleure die Vergünstigungen bei den Eigenbetrieben kritisiert - jahrelang ohne Erfolg. Zuletzt forderten sie die Stadtreinigung vor drei Jahren auf, die hochsubventionierten Heime in Kladow und Köpenick zu verkaufen.

Zwei Millionen Mark kosteten die Müllwerker-Oasen zuletzt im Jahr, alles auf Kosten der Stadtreinigung. Dass der Betrieb, der 170 Millionen sparen muss, sich jetzt zur Schließung durchgerungen hat, geht vornehmlich auf finanzielle Motive zurück. Zehn Jahre nach der Einheit Deutschlands ist ihm aber auch die Fürsorge-Begründung abhanden gekommen. "Seit die Mauer weg ist, fahren die Leute schließlich raus", meinte Tümler gestern. Auf Kladow sind sie jedenfalls nicht mehr angewiesen.

So verschwindet auch der letzte Schatten, den "Hanne" Ziebandt noch auf die Stadtreinigung wirft - der ehemalige Personalratsvorsitzende der BSR, der ungekrönte König des Betriebes, der Mann, ohne den in West-Berlin vor 20 Jahren nichts lief (jedenfalls nicht im öffentlichen Dienst), der den Senat und die SPD unter Druck setzen konnte und mit Hilfe der ÖTV vom einfachen, freigestellten Müllwerker zum höheren Dienst aufstieg. Denn wer den Müll regiert, schien die Devise, regiert die Stadt.

Hanne Ziebandt leitete in den 70er Jahren auch das Freizeitheim in Kladow. Damals waren die Zeiten noch großzügig. Vor einem Arbeitsgericht wurde 1982 unwidersprochen ein Detail bekannt. Der technische Direktor der BSR hatte ein paar Jahre vorher einen Überstundenzettel des Betriebsratsvorsitzenden Ziebandt abgezeichnet. Allerdings hatte dieser die Zeit nicht für betriebliche Aufgaben aufgewendet, sondern für die Organisation des Freizeitheims. Allein in einem Monat waren über 200 Überstunden zusammengekommen. Dass das Gericht dazu sagte, das "schreit zum Himmel", blieb folgenlos - alte Kladower Geschichten.

pen

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