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Berlin: Freundlich streitend in die Schützengräben

Landowsky, Benneter und Voigt im Nahkampf der Erinnerungen an die Weltfestspiele 1973

Dabei sein war alles. Die bundesdeutschen Linken fuhren am 1. August 1973 zu den DDRWeltfestspielen nach Berlin Ost, um den besseren Sozialismus vorzustellen. Die bürgerlichen Rechten um den West-Berliner JU-Vorsitzenden Klaus Landowsky fuhren mit, um zu sehen, was der deutsch-deutsche Grundlagenvertrag von 1972 in der Praxis hergab. Und Leute jeden Alters füllten am gestrigen Sonnabendnachmittag den Roten Salon der Volksbühne, um den Akteuren von damals bei der Debatte eines hochpolitisch-heiteren Ereignisses zuzuhören.

Es war die Zeit der Ideologien, im Westen jedenfalls. Das wollte der Sozialdemokrat Karsten Voigt, heute Beauftragter der Bundesregierung für die Beziehungen zu den USA, damals Leiter der westdeutschen Delegation, so wenig verhehlen wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Uwe Benneter oder eben Landowsky. Ein, zwei Sätze von einem der drei reichten trotz der sommerschwangeren Luft, um alle noch mal in die Schützengräben springen zu lassen, wo sie im freundlichen Ton der routinierten Politkombattanten entschiedene Schlachten schlugen. Landowsky und Voigt hatten ihren Spaß daran. Die Linken um Voigt und Benneter hätten auf dem Alexanderplatz „Feinschmeckerdiskussionen“ über den richtigen Sozialismus mit der FDJ geführt, sagte Landowsky. Derweil seien er und seine Jungunionisten, die garantierte Reisefreiheit nutzend, nach Brandenburg an der Havel gefahren, um Flugblätter zu verteilen. Eine Stimmung sei da entstanden, ein Traum von Freiheit, der nicht „rückholbar“ war für das Regime, meinte Landowsky. „Wir haben ja nicht nur so getan, als seien wir links - wir waren ja wirklich links“, erklärte Voigt zum Thema Sozialismus. Doch habe man mit den Ost-Genossen nicht über das in West und Ost mögliche Maß an Sozialismus gestritten, sondern über das Maß an Demokratie.

Damit kein Übermaß an historischem Heldentum entstand, erinnerte Ex-Juso-Chef Benneter daran, dass er und seinesgleichen sozusagen als „Regierungsjugend“ angereist waren – der geistig-politische Nachwuchs Willy Brandts und Herbert Wehners, der nun testete, wie das deutsch-deutsche Annäherungsvertragswerk funktionierte. Und Benneter grimmte, Landowsky und Co. seien „nur zum Provozieren“ da gewesen. Als ob Landowsky etwas dagegen gehabt hätte, FDJler zu provozieren. wvb.

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