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Berlin: Friedenscamp zu groß: Streit mit Bezirk

Nach Anwohnerprotesten rückte die Polizei an – jetzt soll es Unter den Linden ruhiger zugehen

Am Mittwoch war es vorbei mit der friedlichen Stimmung im Friedenscamp. Seit mehr als zwei Wochen nutzen Kriegsgegner den Mittelstreifen Unter den Linden vor der US-Botschaft, um gegen den Irak-Krieg zu protestieren. „Um zwei Uhr nachmittags tauchte plötzlich die Polizei auf“, berichtet der Aktivist Markus Kunkel. „Sie forderte uns auf, unser Zeltlager bis 18 Uhr zu räumen.“

Von einer Räumung könne keine Rede sein, entgegnet Harald Büttner, der Leiter des Straßen- und Grünflächenamts Mitte. Das Friedenscamp solle nur auf den ursprünglichen Rahmen reduziert werden. „Das soll schließlich keine Party sein, sondern eine Mahnwache. Ein Zelt, ein paar Sitzmöglichkeiten, eine Tafel und eine Glocke sind okay – aber mehr nicht.“ Zuletzt sei es mehr eine Art Freicamping gewesen, und das sei nun einmal gemäß Versammlungsgebot nicht genehmigungsfähig. „Außerdem widerspricht das dem Charakter einer Mahnwache.“

Tatsächlich ist das Camp im Laufe der Zeit weit über die von Tiefbauamt, Versammlungsbehörde und Grünflächenamt genehmigte Größe hinausgewachsen. So weit, dass sich das benachbarte Café Einstein bedrängt fühlte. Das Café hat eine Sondernutzungserlaubnis, um Getränke auf dem Mittelstreifen Unter den Linden verkaufen zu dürfen, und sah sich von den Kriegsgegnern zunehmend dabei behindert. Friedenscamper Kunkel räumte ein, dass lediglich ein Zelt auf dem Mittelstreifen genehmigt sei. Mittlerweile habe man sich mit dem Café geeinigt und okkupierte Bänke auf dem Mittelstreifen wieder freigegeben.

Das Einstein war allerdings nicht der einzige Querulant. Nach Angaben der Polizei hatten sich auch Anwohner über die Lärmbelästigung und den Müll beschwert. Harald Büttner bestätigt dies: „Es gab seit Dienstag massive Beschwerden der Anrainer, die Toleranzgrenze war überschritten.“ Zudem hätten die offenen Feuer und die Plakate gegen die Auflagen verstoßen, die dem Friedenscamp bei der Genehmigung gemacht wurden.

In Zukunft dürfen also keine Lagerfeuer mehr gemacht werden, die großen „No- War“-Plakate von Greenpeace müssen abgehängt werden. Die Zelte müssen von allen Seiten offen und gut einzusehen sein, weil das laut Polizei „ein entscheidendes Merkmal einer politischen Kundgebung“ ist. Die PDS, die ebenfalls Unter den Linden vertreten ist, zeigte sich einsichtig. „Wir haben in Absprache mit den Ämtern unser Engagement zurückgefahren“, sagt PDS-Sprecher Axel Hildebrandt. Künftig soll es wieder nur „einen Tisch und einen Schirm“ geben, so, wie es einst genehmigt worden war.

Die Friedenscamper berieten noch am Nachmittag über das weitere Vorgehen – ironischerweise im Café Einstein. Man beantragte eine einstweilige Verfügung, daraufhin verlängerten die Ämter die Frist von Mittwoch 18 Uhr bis Donnerstag 12 Uhr. Die neuen Entwicklungen im Irak-Krieg sind laut Kunkel kein Grund, die Zelte abzubrechen. „Wir bleiben, solange man uns lässt, mindestens noch zehn bis zwölf Tage“, sagt er. Die Genehmigung sei schließlich unbefristet. „Es gibt ja auch noch anderswo Kriege, gegen die man demonstrieren muss.“

Christian Hönicke

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